Alsbach-Hähnlein

Das Duo „Greser & Lenz“ ist bekannt durch seine spitzfedrig aufmüpfige FAZ Tätigkeit als Bildjournalisten der besonderen Art. Unser Foto zeigt Heribert Lenz, Kollege Achim Greser war wegen Krankheit leider verhindert. Fotos: soe
14. November 2017 

„Das ist ja wohl ein Witz“ – die Linie bringt es auf den Punkt

Das Alsbach-Hähnleiner Heimatmuseum präsentiert über sechzig Arbeiten des Karikaturisten-Duos „Greser & Lenz“ noch bis zum 7. Januar

ALSBACH-HÄHNLEIN, November 2017 (pem, „In der Wahrnehmung, besonders der städtischen, kulturintersierten Öffentlichkeit sind lokale Museen oft mit Vorurteilen behaftet. Sie gelten meistens als klein und unbedeutend. „Mit unseren Aktivitäten in der „Anstalt“ halten wir einfach durch Qualitätsarbeit dagegen“, betont selbstbewusst und entschlossen der Leiter des Alsbach-Hähnleiner Museumsvereins. Konrad Hoppe und die übrigen Mitglieder haben Grund stolz darauf zu sein.

„Zu diesem Zweck leisten wir uns alle zwei Jahre eine besondere Ausstellung in der Präsentation namhafter Karikaturisten. Mit Peter Gaymann ( 700 Besucher) legte man den Grundstein dieser Tradition, es folgten Janosch und Uli Stein ( 2500 Besucher), in Planung für 2019 ist Horst Haizinger“.

Was uns im 21. Jahrhundert, das von optischen Reizen beherrscht wird, als adäquates und zeitgemäßes Medium zum Transport prägnanter Botschaften scheint, steht in einer historischen Tradition, die Hoppe skizzierte. Die Wurzeln reichen in die Epoche der Französischen Revolution. Die Bevölkerung, an die sich die freigeistigen Appelle adressierten, war meist des Lesens unkundig und wurde durch bildliche Darstellung erreichbar dafür. Harsch verfuhr das wilhelminische Kaiserreich mit jeglichem opponierenden Gedankengut durch Sanktionen und Verbote. Urheber hatten einen schweren Stand. Dennoch gelang es dem Simplicissimus mit Spott und Satire unteren Schichten die Augen zu öffnen. Eine unrühmliche Pervertierung erfuhr die Karikatur durch die Nazis, die sie in propagandistischen Dienst der antisemitischen Hetze stellte.

In Hähnlein fiel die Wahl unter den zeitgenössischen Vertreten politisch-kritischen Zeichnens auf Detlef Beck, doch schwere Erkrankung verhinderte die zugesicherte Beteiligung. Eine geniale Alternative vom Feinsten fand man mit „Greser & Lenz, prominent durch ihre spitzfedrig aufmüpfige FAZ Tätigkeit als Bildjournalisten der besonderen Art. Sie schießen keine Fotos, sondern jagen mit brillant geschliffenem Humor und straff gespanntem Zeichenbogen. „Jeder Krieg hat seine Opfer, jeder Witz auch“, lautet das Motto von Achim Greser und Heribert Lenz. Als „Täterkollektiv“ ziehen sie gemeinsam hoch gerüstet in die Schlacht und finden ihre Ziele bei Alltagsszenen, in denen sich die Weltereignisse spiegeln, die sie aufs Korn nehmen. Dabei schauen sie „dem Volk aufs Maul“. „Gefährlich“ sind sie, schwer bewaffnet mit treffende Sprechblasentexten und scharfen Zeichenfedern.

Markante Striche bringen es stets auf den Punkt: „Extrem politisch und rotzfrech“, nennt Konrad Hoppe das sorgfältig in klassischer Aquarell-Technik kolorierte Oeuvre. Klare Konturen im Bild, präzise Positionen im Wort. Gerne fassen sie mit humoristisch-bösem Vergnügen heiße Eisen an und schrecken mit starkem Rückgrat vor keiner „politischen Unkorrektheit“ zurück. Der enormen Vielzahl der Vernissagegäste stand der wegen Erkrankung des Kollegen alleine angereiste Heribert Lenz zur Verfügung. Zuvor schilderte er die seit dem gemeinsamen Würzburger Grafikstudium währende Kooperation mit Achim Greser als Prozess fortschreitender künstlerischer Angleichung. Besonders fruchtbar und prägend empfanden die Zwei die Epoche der Anstellung beim Satiremagazin TITANIC. Einen Einblick gewähren die Kostproben, die Besucher in den ausgelegten Blätterbüchern genießen können.

Die Text-Bild Annäherung intensivierte sich. Resultat: Die damals noch wenig verbreitete Sprechblase hielt als fester Bestandteil Einzug in die böswitzigen Zeichnungen. „Je länger wir zusammenarbeiteten, desto harmonischer wurde es, genauso in der bildnerischen Ausdrucksweise. „Hier wohnen nicht zwei Seelen in einer Brust, sondern der gleiche Esprit in zwei Köpfen, der sogar die verwechselbare künstlerische Handschrift bestimmt. Was ihre seismographische Sensibilität aus dem Weltgeschehen als brisant aufspürt, setzen sie in treffenden Bildern pointiert um.
Nach Tätigkeiten für Focus und Stern führen nun Greser & Lenz als FAZ-Karikaturisten mit intellektuellem Biss ihre Erfolgsgeschichte fort. Der Gleichtakt ermöglicht das rasche Reagieren, wie es der Tagesjournalismus fordert und sie übernehmen damit auch eine Chronisten-Rolle. Dank der thematischen gruppierenden Hängung der Arbeiten in Hähnlein, kann man das erkennen. Unabhängig davon entstehen Tierkarikaturen, die nach Art von Fabeln das menschliche Wesen mit seinen Schwächen aufs Korn nehmen.

Das Geheimnis des „Who is who“ der Blätter zelebriert das Duo ohne es je lüften zu wollen und behauptet damit einen der Spitzenplätze in der Creme-de-la-Creme in der Karikaturistenszene.

Die Ausstellung „Das ist ja wohl ein Witz“ im Alsbach-Hähnleiner Museum ist noch bis zum 7. Januar zu sehen. Die Ausstellung ist geöffnet: Fr. 16.30 – 19.00 Uhr, Sa./So. 13.30 -17.00 Uhr und nach telefonischer Vereinbarung. Weitere Informationen findet man unter www.museum-alsbach-haehnlein.de