Garten-Natur-Tiere, Seeheim-Jugenheim

Der Treff der grünen Daumens ist nicht nur in Seeheim-Jugenheim beliebt. So reisten Karin Fischer und Ilona Karin aus Bensheim an. Foto: Eva M. Wicht
14. November 2018 

Die Rückkehr des Gummibaums

BUND-Pflanzenflohmarkt in Seeheim bot vieles für den urbanen Dschungel

SEEHEIM-JUGENHEIM, November 2018 (ewi), Lange war der Gummibaum verpönt, galt als die Zimmerpflanze der spießigen Adenauer-Ära und war Anlass zum Lästern über Hausfrauen in Kittelschürzen, zu deren Alltagsritualen das häufige Entstauben der Blätter gehörte. Dann kamen die Achtundsechziger, und ihrem Bemühen, die Verhältnisse in der Bundesrepublik zu entstauben, fielen ganze Gummibaum-Wälder zum Opfer.

Es hat lange gedauert, bis sich das immergrüne Feigengewächs mit den meist sattgrünen fleischigen Blättern wieder in die Öffentlichkeit traute. Aber er ist wieder da, der Gummibaum – das zeigte sich jetzt einmal mehr auf dem Seeheimer Pflanzenflohmarkt des BUND. Das ist eine angenehm unkommerzielle Pflanzentauschbörse, ein floraler Flohmarkt, der vor fast drei Jahrzehnten von BUND-Mitglied Gabi Eisenstein ins Leben gerufen wurde – als eine Art Nothilfe für ihre Bekannte Brigitte Retter, ebenfalls BUND-Mitglied, die sich damals von ihrem häuslichen Dschungel eingeengt fühlte.

Zwei Mal im Jahr, im Frühjahr und im Herbst, findet dieser Markt an der Sport- und Kulturhalle in Seeheim statt, und er sei noch nie ausgefallen, versicherten jetzt Helga Feiß (Kreisvorsitzende des BUND Kreisverbandes Darmstadt-Dieburg) und Cornelia Fried, die inzwischen den Pflanzenflohmarkt für den BUND organisieren. Die Menschen mit dem grünen Daumen trotzen nicht nur dem Wetter, sondern auch der Kommerzialisierung: „Gewerbliche Anbieter sind nach wie vor nicht zugelassen“, versichert Feiß. Und alles bleibt unkompliziert: Es bedarf keiner Voranmeldung und es wird keine Standgebühr erhoben.Unkompliziert und pflegeleicht war auch das Grün, das es diesmal zu entdecken gab, und dies in einer Fülle, die den aktuellen Trend zur urbanen Verdschungelung belegt. Da die Pflanzen von den privaten Anbietern selbst gezogen werden, müssen sie natürlich leicht zu pflegen und zu vermehren sein. Gut vertreten war beispielsweise die Lilienart, die als „fliegender Holländer“ einst häufig in der Nachbarschaft des Gummibaums gesichtet wurde. Als „Sekretärinnenblume“ gibt sie einen Hinweis auf einen beliebten Standort, und auch als „Brautschleppe“ ist sie bekannt. Sie ist eine der pflegeleichtesten Pflanzen überhaupt, fast unkaputtbar und leicht zu vermehren, und viele fanden durch den Markt ein neues Zuhause.

Dieser Treff der grünen Daumen ist nicht nur in Seeheim-Jugenheim beliebt, sondern hat seine vegetative Strahlkraft längst über die Umgebung gebreitet. So kamen auch Anbieter aus Dieburg und Bensheim, zum Beispiel Karin Fischer und Ilona Karin. Sie gehörten zu denjenigen, die ihr Angebot durch zusätzliche Akzente bereicherten, boten sie doch auch ihre selbst zubereiteten Marmeladen an, setzten durch Kombinationen von Pfirsich und Kokos oder mit Latwerge und Chili oder auch einer Bratapfel-Kreation teils exotische, teils vorweihnachtliche Akzente und rundeten das Bild ganz originell durch Serviettenhütchen auf den Gläsern ab. Gut ins Spektrum passte auch das überschaubare Angebot an selbst gezogenem Obst.

Und manche Urenkel der adenauerschen Gummibäume erlebten eine besondere Rehabilitation, wurden sie doch von Marktbesuchern in die Arme geschlossen, die zweifellos der Generation der Achtundsechziger angehören.