Kreis Bergstrasse

Das gesicherte menschliche Knochenmaterial soll erstmals einer umfassenden wissenschaftlichen Untersuchung unterzogen werden.
15. August 2016 

Gesichter und Geschichten

Ein anthropologisches Forschungsprojekt an der UNESCO Welterbestätte Kloster Lorsch

LORSCH, August 2016 (meli), Grabungskampagnen im UNESCO Weltkulturerbe Kloster Lorsch haben in den vergangenen Jahrzehnten weit über einhundert Bestattungen zu Tage gefördert, darunter Mönchsbestattungen ebenso wie Gräber innerhalb der Kirche und rund um die karolingische Königshalle. Insbesondere die Ausgrabungen von Friedrich Behn (1932/1933) konnten ein eindrucksvolles Zeugnis über Ausmaß und Qualität der Bestattungs- und Memorialkultur im Kloster Lorsch ablegen.

Gemeinsam mit dem Curt-Engelhorn-Zentrum Archäometrie gGmbH und den Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim (rem) soll in den kommenden Jahren deshalb das gesicherte menschliche Knochenmaterial des ehemaligen Klosters Lorsch erstmals einer umfassenden wissenschaftlichen Untersuchung unterzogen werden. Claus Kropp, Projektleiter von Seiten der Welterbestätte, spricht in diesem Kontext von einer historischen Chance für die Erforschung des Kloster Lorsch. „Wenn bisher der Schwerpunkt klar der Erforschung der Bauskulptur und erhaltenen Bausubstanz galt, so kann mit dem neuen Forschungsprojekt erstmals auch den Bestattungen und der Bestattungskultur angemessene Aufmerksamkeit gewidmet werden“, so Kropp.

Dr. Wilfried Rosendahl, Projektleiter seitens der Mannheimer Institutionen, freut sich, dass es über das gemeinsame Projekt zukünftig möglich sein wird, den großen und kleinen Besuchern der Welterbestätte direkte Einblicke in Leben und Leiden der Menschen im mittelalterlichen Lorsch zu geben.

Im Zentrum der Untersuchungen an den menschlichen Resten durch den Anthropologen Dr. Jörg Orschiedt vom Fachbereich Bioarchäologie am Curt-Engelhorn-Zentrum Archäometrie stehen Fragen nach dem Leben und Sterben der einzelnen Personen. Neben der Bestimmung des Lebensalters und der Erfassung krankhafter Skelettveränderungen sollen auch Belastungsmerkmale am Skelett und Fragen zur Ernährungsrekonstruktion und des Erscheinungsbildes (Phänotyp), z.B. die Rekonstruktion von Augen- und Haarfarbe anhand genetischer Analysen einzelner Personen beantwortet werden. Im Zentrum steht dabei die lebensechte Gesichtsrekonstruktion mindestens eines Lorscher Mönches. Erste genetische Untersuchungen hierzu finden in Zusammenarbeit mit dem Institut für Klinische Molekularbiologie der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel statt.

Bereits für das Frühjahr 2017 ist eine erste museale Präsentation ausgewählter Forschungsergebnisse an der Welterbestätte Kloster Lorsch geplant.