Seeheim-Jugenheim

Spannende Zaubertricks zum Mitmachen und Staunen zeigte Zauberin Waso Koulis gemeinsam mit ihren neuen Zauberlehrlingen. Foto: soe
12. September 2017 

Willkommenskultur heißt: Das Bleiben begleiten

Beim Sommerfest des Jugenheimer „Helferkreis Asyl“ prägte Lebensfreude die freundschaftliche Atmosphäre zwischen Unterkunftsbewohnern und Bevölkerung

SEEHEIM-JUGENHEIM, September 2017 (pem), „Schön, dass Du da bist!“, ergänzt man oft flüchtig einen Begrüßungs-„Hallo“. Vielleicht spricht man die warmherzig netten Worte im Rahmen des Helferkreis Asyl aber tatsächlich doch mit anderem Bewusstsein und tiefer Überzeugung aus. Jeden Einzelnen sieht man hier als Hoffnungsträger, gleich welchen Alters, Zeichen für eine Lebenschance. Geflüchtete aus Syrien und Afghanistan willkommen zu heißen, ist nicht der schwerste Schritt. Aber mit ihnen als Unterkunftsbewohner das Ankommen zu gestalten und danach das Bleiben auf eine gute Basis zu stellen, um es weiter zu begleiten, darin liegen die herausfordernden Aufgaben für die Ehrenamtlichen. Die rund dreißig Frauen und Männer des Helferkreises Asyl leben ihre eigene Überzeugung aus in ihrer freiwilligen Tätigkeit, sich die Angelegenheit dieser Menschen zur eigenen zu machen. Ernst meinen sie jedes Wort: Schön, dass Du da bist!

Zu Hause ist bereits die jüngste Generation. „Na von hier!“; antwortet Mohammed überzeugt und rasch auf die Frage, wo er den herkomme. Erst nach diesem spontanen Reflex fällt ihm ein, dass er ja vor ungefähr acht Jahren in Afghanistan geboren wurde. So eine Antwort wünscht man sich, ist sie doch bezeichnend: wo Kinder in diesem Maß angekommen sind, darf man sie wohl als Vorboten gelingender Integration betrachten, um die der Helferkreis Asyl auf verschiedensten Ebenen ringt. Es gilt Kommunikation, Kooperation, Koordination und Kontakte auf gesellschaftlicher und politischer Ebene zu etablieren. Die direkte praktische Unterstützung im Alltag lässt nie die Individualität jedes Schicksals vergessen. Den Menschen mit seiner eigenen Geschichte zu würdigen, prägt die Haltung der Ehrenamtlichen.

Beste Organisation und strukturierte Aktivitäten bündeln die Kompetenzen, sodass man die Betreuung gezielt und effektiv handhaben kann. Die Versorgungssicherung ist essentiell, das Wichtigste jedoch bleibt das zwischenmenschlich gefühlte und gelebte Willkommen jedes einzelnen Geflohenen. Dem trägt auch die Ordnung des Zusammenlebens in den Unterkünften mit Veranstaltungen, Foren zum Austausch, Spielabende und Wochenendtreffen Rechnung. Weit mehr als eine nette Ergänzung bedeutet das gemeinsame Feiern. Unvergessen ist noch das Herbst- und Kelterfest, dessen Erfolg das Sommerfest fast noch übertraf.

Feiern bedeutet hier etwas Anderes als nur eine vergnügliche Alltagsunterbrechung. Kultur als sinnlicher Reiz, Tradition zum Genießen – das bot das Büffet mit einer Vielzahl von Speisen, die die Bewohner zubereitet hatten. Im Unterschied zu vielen Partys spürt man den Ausdruck echter Lebensfreude, Überlebens-Freude oft seitens der geflüchteten Menschen. Eine Quelle und Triebfeder zugleich für die Helfer, deren zuversichtlicher tatkräftiger Enthusiasmus sich daran stärkt und erneuert.

Auch die nicht im Helferkreis tätigen zahlreiche Ortsbewohner teilten als Besucher die Empfindung das gesellschaftliche Gemeinwesen bereichert zu sehen. „Schön dass Du da bist!“ Wache Neugier strahlten die Kinder aus, beseelt davon, zu lernen, sich entwickeln und aufleben zu können. Herzerfrischende Begeisterungsfähigkeit für alles Gebotene konnte man beobachten. Am Kreativ-Tisch beim Malen oder Borkenschiff basteln und bei den vielfältigen Bewegungsaktivitäten vom Springseil über Laufbecher bis zum Balanceball. Die absolute Faszination zauberte Waso Koulis auf die Gesichter. Die Magierin fesselte die Erwachsenen nicht weniger. Ihre Poesie besteht darin, nicht die eigene Person im geheimnisvoll mysteriösen Licht schillern zu lassen. Sie befähigt lieber kleine Leute zu großen Hokuspokus-Künstlern. Sie braucht nicht wirklich Hexerei, um ihre Botschaft zu vermitteln: „Glaub an Deine Kraft und du wirst entdecken, was alles in Dir steckt“. Nach diesem Prinzip funktioniert auch die ganze Hilfestellung des Kreises: Wegweiser und Ansprechpartner zu sein, gelingt ebenso in ganz individuell gestalteten Patenschaften.

Dafür wünscht sich der Kreis viel Verstärkung. Die Aufgabenschwerpunkte erweitern sich. Unverändert stellt die Wohnraumvermittlung eine Hauptsorge dar. Nach dem Abschluss von Deutschkursen rückt auch verstärkt die Beschaffung von Arbeits- und Ausbildungsplätzen in den Focus. Man hofft, dass sich bald in Firmen und Betrieben die Türen leichter öffnen mit der Haltung „Schön dass Du da bist.“