06. März 2017 

„Auf Wolkenbürgschaft“

Lieder, Gedichte und Prosa von Hilde Domin – Ein musikalisch-literarisches Programm

AUERBACH, März 2017 (meli), Ausgewählt und vorgetragen von Ursula Illert, mit Musik von Anka Hirsch, gespielt vom lézarde jazz duo: Julia Ballin, Saxophon und Anka Hirsch, Cello, am Mittwoch, 15. März um 19.30 Uhr in der ehemaligen Synagoge Auerbach. Hilde Domin gilt als eine der bedeutendsten deutschsprachigen Lyrikerinnen unserer Zeit. Ihr „Dennoch“, ihr Vertrauen in den Menschen als Individuum, scheint unerschütterlich und ist beispielhaft für eine Generation deutscher Juden, die „aus der Verfolgung als Boten der Versöhnung ins Sprachzuhause zurückgekehrt sind“, wie sie selber einmal schrieb. In einem Interview antwortete die Schriftstellerin vor 20 Jahren auf die Frage, wie viel Mut ein Schriftsteller benötigt: „Ein Schriftsteller braucht drei Arten von Mut: den Mut, er selber zu sein, den Mut, nichts umzulügen und die Dinge beim Namen zu nennen und den Mut, an die Anrufbarkeit der anderen zu glauben.“

Hintergrund ihrer Dichtung ist ihr bewegtes Leben, das fast das ganze 20. Jahrhundert umfasst und das sie mit vielen Kulturkreisen und vielen Wissensgebieten in Berührung brachte. 1909 in Köln geboren, begann sie 1929 in Heidelberg ein Studium der Volkswirtschaft, der Sozial- und Staatswissenschaft, das sie 1930/31 an der Universität in Berlin fortsetzte. Dort erlebte sie die heftigen politischen Kämpfe zu Beginn der 30er Jahre mit. Sie las „Mein Kampf“ und war sicher, dass „Hitler das, was er geschrieben hatte, auch ausführen würde“. So begleitete sie 1932 ihren künftigen Ehemann zu einem Studienaufenthalt nach Italien und studierte auch selbst in Rom Kunstgeschichte. Für den Lebensunterhalt unterrichtete sie Deutsch – wie auch später in den verschiedenen Exilstationen. Von 1934 an erließ auch Italien judenfeindliche Gesetze und verlangte schließlich 1939 die Ausreise aller Juden. Es folgte die Flucht nach England und 1940 weiter über Kanada bis in die Dominikanische Republik, wo sie ein enges Verhältnis zur spanischen Sprache entwickelte. 1946 begann sie mit dem Schreiben, was ihr nach dem Tod der Mutter 1951 aus tiefer Depression heraushalf.

1954 kehrte sie nach 22 Exiljahren nach Deutschland zurück. Ihr erster Gedichtband „Nur eine Rose als Stütze“ erschien 1959. Neben Lyrik schrieb sie Erzählungen und Essays. Hilde Domin erhielt zahlreiche Literaturpreise. Ihre Lesungen führten sie auch in Gefängnisse, Kirchen und Schulen; so las sie z.B. 1997 im Bensheimer Alten Kurfürstlichen Gymnasium aus ihren Gedichten. Sie verstarb am 22. Februar 2006 in Heidelberg.

Ursula Illert, Anka Hirsch und Julia Ballin wollen mit ihrem feinfühligen Programm an die Lyrikerin erinnern.