Bauen und Wohnen, Seeheim-Jugenheim

Ein Beitrag zur lokalen Lebensqualität ist das „Projekt Burg Tannenberg“.
05. Oktober 2017 

Skylineblick aus dem Mittelalter

Tag des offenen Denkmals: Der Heimat- und Verschönerungsverein Seeheim feierte ein Fest zum Abschluss der Bergfriedrestaurierung auf Burg Tannenberg

SEEHEIM-JUGENHEIM, Oktober 2017 (pem), Dem Himmel ein paar Meter näher – tiefer in die Ferne, der Panoramablick über Tannenbergwipfel, Odenwaldgipfel, Ried und Rhein-pfalzzipfel. Auf stolze sieben Meter bringt es das trutzige Gebäude jetzt, das der Besucher auf einer komfortablen neuen Treppe nach den Sicherheitsbestimmungen des 21. Jh. erklimmen kann. Dass das Original mit einer Höhe von 20 Metern einst markant in der Landschaft aufragte, relativiert die Freude über den vorläufigen Abschluss der Restaurierungsarbeiten in keiner Weise. Der Gedanke an weitere Aufstockungen bis zu zwölf Metern steckt fest im Kopf des Vorsitzenden des Heimat- und Verschönerungsvereins. Frank Cornelius könnte sich darauf verlassen, weiterhin genügend engagierte Frauen und Männer zu finden, die einsatzfreudig und unermüdlich ihre Arbeitskraft in den Dienst der historischen Lokalkultur stellen.

Auf die Reihen der Mitglieder ist Verlass, ebenso wie der Verein immer auf zusätzliche sporadische ehrenamtliche Helfer zählen kann. Ginge es nur um den guten Willen, wären schon ganz andere Projekte verwirklicht, doch alles bedarf der Finanzierung. Der Verein ist hier ganz auf eigene Mittel und Spenden angewiesen, es gibt keinerlei kontinuierliche Subventionierung. Den Löwenanteil der Bergfriedaufbauarbeiten deckte eine Zuwendung des Kultursponsorings der Sparkasse. Die Gesamtsumme von 50.000 Euro war aufzubringen. Hohe Kosten entstanden dadurch, dass für die Skalierung und das Anbringen der Sicherheitszäune Profis ans Werk gehen mussten. Die vielen Arbeitsstunden werden mit Freude und Zufriedenheit beim Anblick des Werkes belohnt. Der „Tag des offenen Denkmals“ bildete eine Gelegenheit auch den „Turmbau zu Seeheim“ zu würdigen und zu feiern. Dazu fanden sich auch einige offizielle Grußwortüberbringer ein. Sven Holzhauer, erster Beigeordneter der Gemeindeversammlung, vertrat den Bürgermeister; Christine Krämer den Landrat. Aus Sicht der „Burgbesitzer“ sprach Matthias Kalinka für das Forstamt Darmstadt, dem Hessischen Landesamt für Denkmalpflege verlieh Thomas Becker die Stimme und Baumeister Peter Künzel rundete den Kreis der Redner ab.

Ungeachtet unterschiedlicher Akzentuierungen durch die jeweiligen Fachbereiche trafen sich alle Laudatoren in dem Punkt der höchsten Anerkennung der Leistung auf handwerklicher Ebene sowie des Verdienstes um die Gesellschaft. Ein Beitrag zur lokalen Lebensqualität, denn am „Objekt Burg Tannenberg“ vernetzen sich Pflege des historischen Erbes mit der Steigerung des Freizeitnutzungswerts als immer attraktiver werdendes Ausflugsziel. Unter fachkundiger Führung von Mauerprofi Künzel erfuhren Besucher bei Rundgängen zahlreiche bauliche Details und Einzelheiten zu den Ausführungen des Wiederaufbaus. Leben, Herz und Seele verlieh Jochen Singer dem altehrwürdigen Gemäuer. Er war in die Rolle des Klosterbruders und Chronisten geschlüpft, um einerseits die Ereignisse, die zum Untergang der Burg führten zu schildern und andererseits mit der Sage von Conrad und Guda einen Hauch märchenhaft poetischer Romantik auszubreiten.

Neben martialischen Erinnerungen knüpft sich ebenso sagenhaft gefühlvolles an die Burg: Die Liebe von Conrad zu Tannenberg und und Guda zu Münzenberg findet sich heute noch in Stein gemeißelt in der Jugenheimer Kirche, der Grablege der beiden, einst als Kapelle von Conrad errichtet zum Dank der Gesundung seiner Frau. Deren Heldinnentat umrankt die Sage.  Aufs Schloss kam die Kunde, dass Conrad auf einem Kreuzzug elendiglich in Sklavenschaft geraten sei. Guda zögerte nicht, schnitt sich die Haare, begab sich dann in Männergewandung als Troubadour auf die Reise. Am Hofe des Sultans wussten die Weisen des „fahrenden Sängers“ so zu begeistern, dass man mit der Erfüllung eines Wunsches ihn gerne entlohnte. Natürlich fiel die Wahl auf einen Sklaven.

Mit etwas Fantasie konnten sich die Besucher auch vorstellen, dass die Kräuter im Burggarten gewachsen seien, die die Landfrauen in ihren Würzmischungen zum Kauf feil boten und zuvor gerne auf Brot kredenzt kosten ließen. Der Burgbergaufstieg oder das Umhertollen im Ruineareal hatten Jung und Alt zu guten Abnehmern der Imbiss- und Kaffeetafelangebote gemacht Mit kleinen Schlemmer-eien gestärkt, ließ es sich auch als kleiner Bogenschütze wieder mit sicherer Hand zielen. Ganz und gar ins Schwarze und die Gunst des Publikums getroffen, hatte der Heimat- und Verschönerungsverein mit dem Burgfest.