Bensheim, Gesundheit-Beauty-Wellness

Jeder hat schon einmal Angst gehabt. Sie wird ausgelöst von einem Teil unserem Gehirns, dem Mandelkern. Es gibt aber viele Bücher, die den Kindern helfen ihre Ängste zu verstehen und diese zu bewältigen. Foto: Shutterstock
21. Juni 2020 

Trennungsangst und andere Ängste – was tun?

Bücher gegen Angst

BENSHEIM, Juni 2020 (awa), Ich bin immer auf der Suche nach schönen Büchern für Kinder. Genauer gesagt: Bücher, in denen Kindern nett und mit schönen Illustrationen etwas erklärt wird. Z.B. wie man mit Ängsten umgeht. Am besten in Form einer Geschichte. Wenn ich einen Buchtitel entdecke, der mich interessiert, weil das Buch schön aufgemacht ist, mit schönen und ansprechenden Bildern, bestelle ich es und schaue es mir an. Erst dann überlege ich, ob das Buch ein Thema behandelt, das für die Kinder in meiner Praxis interessant und nützlich sein könnte.

Wenn die Botschaft im Buch bzw. in der Geschichte klar und gut verständlich vermittelt wird, nehme ich das Buch mit in die Praxis, um es mit Kindern und/oder Jugendlichen zu lesen und anzuschauen und darüber zu sprechen. Vier von diesen Büchern, die mich überzeugt haben, möchte ich in diesem Artikel vorstellen:

Karen Young, Norvile Dovidonyte: „Hey, kleiner Kämpfer“ – Ein Buch über Angst (Carl-Auer Verlag, Heidelberg)
In diesem Buch wird allgemein verständlich vermittelt, was Angst für ein Gefühl ist, wo sie im Gehirn sitzt und wie sie im Körper wahrgenommen werden kann. Ein unglaublich tolles Buch mit tollen Bildern! Das Schöne an Büchern mit Bildern ist: man kann sie mit Kindern unterschiedlichen Alters anschauen und lesen oder vorlesen. Denn: Bilder sind immer die beste Art, ein komplexeres Thema verständlich zu machen – auch für Jugendliche. Und für Erwachsene ebenso.
Angst wird hier richtig toll erklärt: „Manche sagen, es sei wie das Gefühl zu fallen, kurz bevor man richtig einschläft, oder aber so, als wenn man eine Treppenstufe verpasst und ins Leere tritt“ – so etwas hat jeder schon einmal erlebt, und man kann es gut nachfühlen, oder?
Jeder hat schon einmal Angst gehabt. Sie wird ausgelöst von einem Teil unseres Gehirns, den man „Mandelkern“ nennt – weil seine Form an eine Mandel erinnert. Wenn der Mandelkern Gefahr wittert – und das tut er manchmal zu oft – „bekommt dein Körper Superkräfte, damit du stark, schnell und voller Energie bist – wie ein Superheld!“
Manchmal denkt der Mandelkern, dass da eine Gefahr sei, obwohl da gar keine ist. Dann kommt es zu Überreaktionen. Im Körper bewirkt die Angst eher unangenehme Empfindungen, wie z.B. „mulmig … außer Puste … müde, verwirrt und schwindelig … Herzklopfen … angespannt … wackelig … weinen … Wut … Übelkeit“, usw.
Wenn jemand eine Angststörung entwickelt, übernimmt der Mandelkern immer mehr die Kontrolle und trifft Entscheidungen, „obwohl du ja der Chef bist. Dank daran: der Mandelkern macht das nur, um dich zu beschützen! Aber alles wird ein wenig besser laufen, wenn du wieder das Kommando übernimmst!“ Aber wie kriegt man das bloß hin? Entspannung ist ein ganz wichtiges „Zauberwort“ bei diesem Unterfangen. Denn: man kann nicht gleichzeitig angespannt / ängstlich UND entspannt sein. Im Buch wird erklärt, wie man sich auf die Atmung konzentrieren kann, und wie man so allmählich wieder zum Chef werden kann…

Winona Michel, Hannah Buschkamp, Carlotta Drerup, Finnja Schramm: „Die kleine Eule Luna und wie sie lernte, mit ihrer Trennungsangst umzugehen“ (Hogrefe Verlag, Bern)
Dieses Buch führt uns mitten hinein in das Thema Trennungsangst. Die kleine Eule Luna möchte nicht in die Eulenschule gehen. Es geht ihr gar nicht gut, wenn sie den Eulenbaum, wo sie mit ihrer Familie wohnt, verlassen muss. Ihr Bauch fühlt sich ganz komisch an und tut ihr weh. Luna hat große Angst, dass etwas Schlimmes passieren könnte, wenn ihre Eltern weg sind. Was wäre, wenn Mama und Papa Eule einen Unfall auf der Jagd haben und danach nicht mehr wiederkommen, um bei Luna und ihren Geschwistern zu sein?
Also soll Mama Eule zuhause bleiben, weil es Luna dann gleich besser geht. Als Mama Eule dann aber einmal doch zu einem sehr wichtigen Eulentreffen gehen bzw. fliegen muss, bleibt Luna vor Angst bibbernd zuhause. Sie bekommt unerwartet Besuch von einem Glühwürmchen namens Sole – und erschrickt zunächst. Doch rasch freunden die beiden sich an, und Sole verrät Luna „Tricks“, wie man lernen kann, mit seiner Angst umzugehen. Schon bald kann Luna sich wieder auf den Weg zur Schule machen und allen anderen beweisen, wie mutig sie ist…
In einem zweiten Teil des Buches gibt es Mitmach-Übungen für Kinder. Es wird erklärt, was Angst bedeutet, wie sie sich im Körper anfühlen kann und dass man etwas mehr Mut als Angst haben muss, um die Angst aushalten und besiegen zu können. Man beschäftigt sich mit Angst machenden Gedanken und schaut sich an, wie eine Angst-Kurve verläuft. Schließlich wird erklärt, dass viele Kinder unter Angst leiden, und was die Begriffe „Therapie“ und „Diagnostik“ bedeuten.
Im dritten Teil des Buches gibt es Informationen für Eltern und Geschwister. Denn die leiden ja mit…

Eltern- Ratgeber von Wilhelm Rotthaus: „Ängste von Kindern und Jugendlichen – Erkennen, verstehen, lösen“ (Carl-Auer Verlag, Heidelberg)
Hier können sich Eltern umfassend über das Thema Angst informieren. Es wird beschrieben, wie Angststörungen erkannt, verstanden und gelöst werden können. Verschiedene Formen von Ängsten werden erklärt und erläutert. Ängste haben Signalfunktion und gehören zur Entwicklung und zum Menschsein dazu. Die wichtige Bedeutung von Entspannung wird erklärt: wer sich entspannen kann, hat weniger Angst. Es wird verständlich gemacht, wie ängstliche Eltern von ihren Kindern als „Modell“ gesehen werden – und nachgeahmt werden. Man versteht besser, dass Gewohnheiten in der Familie dazu beitragen können, die bestehenden Ängste zu verstärken und zu verfestigen. Weil Angst unangenehm ist und keiner sie haben möchte, versucht man sie zu vermeiden – man geht den Angstauslösern aus dem Weg. Das ist verständlich, aber wenig sinnvoll. Man muss auch verstehen lernen, dass der Versuch, Angst zu unterdrücken, zu noch mehr Angst führt.
Es ist so ähnlich wie mit dem Experiment: „denk jetzt mal nicht an einen rosa Elefanten!“
Man schafft es nicht, NICHT an den rosa Elefanten zu denken. Wenn man den Gedanken vom rosa Elefanten loswerden möchte, muss man „den Spieß herum drehen“ und versuchen, ganz lange an einen rosa Elefanten zu denken – z.B. eine Stunde lang. Weil das aber nach kurzer Zeit sehr langweilig wird, werden sich die Gedanken schon sehr rasch anderen, interessanteren Dingen zuwenden, und man vergisst den rosa Elefanten.
Gedanken, Bewertungen und Überzeugungen spielen im Umgang mit der Angst eine ganz große Rolle. Man muss seine eigenen ängstlichen Gedanken zunächst einmal erkennen, identifizieren und möglichst genau beschreiben, bevor man sie verändern kann.
Viele angstvolle Gedanken sind sehr unkonkret – weil sie nicht zu Ende gedacht wurden. Beim Abbau von Ängsten können neben der Entspannung Rituale sehr hilfreich sein; man kann Unterstützer hinzu ziehen, es gibt hilfreiche Geschichten und Bücher uvm.

…gerade wollte ich diesen Artikel beenden, da fiel mir noch ein Buch in die Hände: von Dr. med. Claudia Croos-Müller: „Nur Mut!“ Das kleine Überlebensbuch – Soforthilfe bei Herzklopfen, Angst, Panik & Co.
Das ist ein ganz süßes kleines Büchlein, in dem „12 ½ Soforthilfe- Übungen für Gelassenheit und Mut“ vorgestellt werden: „Die Übungen sind ganz leicht. Die kannst du wirklich sofort. Aber da ist noch etwas anderes: Die Übungen sind wie eine Zauberformel: Sie verhelfen dir zu mehr Ruhe in deinen Gedanken und Gefühlen. Besonders bei Angst, Herzklopfen, Panik und ähnlichen lästigen Zuständen.“
Allerdings: die Übungen muss man regelmäßig machen. Dann sind sie wie „ein Schlüssel, der die Gefängnistür – die Angstblockaden – öffnen kann. Zugegeben: Üben ist manchmal mühselig und langweilig. Und allein üben ist besonders langweilig.
Deshalb gibt es Oscar und Emily. Zwei Schafe, die gut drauf sind.“ … diese Schafe sind natürlich lustig gezeichnet und begleiten den Leser durch die Übungen. Aber schaut es euch einfach selbst an… Jetzt beende ich rasch diesen Artikel, bevor ich noch mehr Bücher bestelle! 😉

Ich wünsche beim Lesen, Anschauen, Üben und drüber Reden viel Spaß und angenehme Entspannung!

Dr. med. Andreas Wacker
Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie
und –psychotherapie, Homöopathie –
Nibelungenstr. 26, 64625 Bensheim
Tel. 06251 – 66478, Fax – 66278
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