Bickenbach, Young People

Theaterworkshop Seeheim 2012Die Kinder leuchten mit der Taschenlampe. v.l. Yannis, Linda, Katrin, Maja, Selina und Samira. Foto: Berno Nix
25. November 2012 

Rampenlicht macht stark

Fünf Tage Bühnen-Know-How und Rollenspaß beim Theaterworkshop der Bickenbacher Herbstferienspiele

BICKENBACH, 19. Oktober 2012 (pem), „Lasst mich den Löwen auch noch spielen“, ruft begeistert einer der Handwerker beim Rüpelspiel in Shakespeares „Sommernachtstraum“. Gerne häufte er sämtliche Rollen auf sich, so sehr hat ihn die Mimenlust gepackt. Dieses Phänomen tauchte auch unter den acht Teilnehmern des Bickenbacher Ferienspiel-Theaterworkshops auf.

„Zuerst möchte jeder die Hauptrolle spielen, bis allen klar ist, dass wir zusammen an einem Stück arbeiten und jede Rolle wichtig ist“, erklärte Maike Brinkmann. „Bei dieser Gruppe kam die Einsicht aber erstaunlich rasch und es stellte sich bemerkenswerte Harmonie ein“. Wer man „im richtigen Leben“ ist, lässt sich oft schwer fassen. Der Antwort auf die Frage kommt man aber manchmal ein gutes Stück auf die Spur, wenn man fühlt, wer man sein möchte. Das bestätigen die reichen Workshoperfahrungen, die die Theologin und Pädagogin nach ihrer theaterpädagogischen Zusatzausbildung in eigenen Veranstaltungen gesammelt hat. Routiniert gibt sie hier in Personalunion die künstlerische Leiterin, Texterin, Regisseurin, Requisiteurin und Bühnenmusikerin mit Harmonika und Flöte.

Ihr zur Seite stand als Tagesmutter, Organisationsfrau und „Undercover-Akteurin“ Anita Weigold. Gemeinsam sorgten die beiden fünf Tage lang für Theaterwissen, gute Verpflegung und jede Menge Spielspaß. Intensiv wurde die kurze Zeit der Produktion bis zur Bühnenreife genutzt. Ein Bilderbuch diente als Grundlage zusammen Handlungsablauf und Textideen zu entwickeln. Maike Brinkmann arbeitete die Dialoge aus, das Lernen begann. Gleichzeitig befassten sich die Sieben- bis Zehnjährigen mit der Herstellung von Requisiten, Dekoration und Kostümen. Je größer die Kreativität, desto einfacher können die Mittel sein! Die Bühnenallrounder hatten sich natürlich auch darum zu kümmern, sich in gutes Licht zu setzen. Als Beleuchter brachten sie Taschenlampen zum wirkungsvollen Einsatz und experimentierten sogar mit Schwarzlichteffekten. Die praktisch-handwerkliche Entfaltung machte nur einen Teil des Gewinns für die Mädchen und Jungs aus. Wertvoller und nachhaltig sind die Impulse für die persönliche Entwicklung, die aus vielen Quellen kommen.

Angefangen von Konzentrations- und Improvisationsübungen zur täglichen Einstimmung in die eigentliche Probenarbeit über die Auseinandersetzung mit der angenommenen Rolle bis zur Erfahrung der eigenen Ausdrucksfähigkeit und Körpersprache. Theaterluft nährt die Fantasie, die schönsten Träume sprießen aus Bühnenstaub. Im Rampenlicht fallen alle Schatten hinter einen und es macht so stark, dass mancher über sich selbst hinaus wächst, aber was man im Spielen einmal gefühlt hat, kann einem niemand mehr nehmen! Das spürte das Erwachsenen-Publikum der Abschlussaufführung deutlich nach.

Bevor sich der Vorhang hob zu dem Stück mit dem Titel „Der Tag, an dem die Nacht nicht kam“, gaben die Kinder ihr persönliches Workshop- Resümee ab. Sie benannten, was sie besonders beeindruckte und was ihnen wichtig für sich selbst erschien: Zusammenhalt, kein Auslachen bei Pannen und Erklären statt Schimpfen, Teamarbeit lernen und Gemeinschaft erleben. Doch auch die tolle Kartoffelsuppe musste einfach mal lobend erwähnt werden! Maike Brinkmann unterstrich nochmals die ungeheure Solidarität untereinander sowie die Integrationskraft der Gruppe. „Der Zusammenhalt gab jedem das Gefühl, gut aufgehoben zu sein.“ Dann ein „Toi Toi Toi“ und das Bühnenschicksal nahm seinen Lauf.

Die Zuschauer erfuhren, weshalb die Sterne ihre Arbeit nicht tun und wie pfiffige Kinder die Situation rechtzeitig vor dem Schichtwechsel der Kollegen Tag und Nachtwächter retten. Mit großem Applaus wurden die kleinen Akteure belohnt. Spielfreude, konzentrierter Darstellerernst und die Seelenarbeit dahinter entgingen keinem und wurden mit herzlicher Anerkennung gewürdigt. Zu Recht freute sich auch Maike Brinkmann über den Erfolg, weiß aber doch: „Die wahren kleinen Sternstunden, die es bei diesem Workshop gab, kann man eben nicht auf die Bühne stellen!“

Die Bretter, die die Welt bedeuten, sind ein eigener Kosmos. Wer seine Faszination gespürt hat, trägt sie in sich, auch wenn der Vorhang sich längst geschlossen hat.