„Gut Brand!“ auf der Mühlackerwiese
„Walderlebnis Frankenstein e.V.“ und HessenForst betrieben für eine Woche einen traditionellen Hochmeiler zur Holzkohlegewinnung
MÜHLTAL, Juli 2016 (pem), „Weißer Rauch ist ein gutes Zeichen, denn das zeigt, dass die Verbrennung optimal, nämlich sauerstoffarm läuft“, führt Reinhold Diehl aus. Zusammen mit rund 30 anderen Mitgliedern des Vereins „Walderlebnis Frankenstein“ hat er die Meilerwache übernommen. Gruppen von drei bis sieben Personen wechseln sich schichtweise darin ab, die drei qualmenden Erdhügel auf der Mühlackerwiese unterhalb der Burg Frankenstein zu betreuen. Zum dritten Mal führt man in Kooperation mit HessenForst das Projekt Kohlenmeiler durch. Um eine Attraktion reicher war damit für eine gute Woche der vom Verein angelegte und gepflegte Walderlebnispfad, der an 23 anderen Stationen vielfältige Informationen und Möglichkeiten zum sinnlichen Erfahren des Lebens in der Natur bietet.
Auch für die Behörde HessenForst ist die Aktion eine willkommene Möglichkeit, neben den waldwirtschaftlichen Maßnahmen auch ihrem Auftrag der Öffentlichkeitsarbeit nachzukommen. Zum dritten Mal betrieb man es gemeinsam, den aufwendigen Prozess traditioneller Holzkohlegewinnung nachzustellen. Die dafür verwendeten 25 Raummeter Rotbuchenscheite stellte die Behörde zur Verfügung. Für den fachgerechten Ablauf der Verkohlung vom Schichten des Meilers bis zum „Ausputzen“ der „Ernte“ überwachte ein Köhlermeister. Matthias Hartmann ist zwar hauptberuflich bei der Aschaffenburger Feuerwehr tätig, hat aber das „schwarze Geschäft“ gründlich erlernt. Die Köhlerei ist keine leichte Kunst. Die Qualität des Erzeugnisses hängt in hohem Maß davon ab, wie sie ausgeübt wird.
Durch sensibel geregelte Luftzufuhr, das gezielte „Stupfen“ von Löchern, beeinflusst die im Inneren mit ca. 300°C laufende Verbrennung. Um den Feuerschacht in der Mitte werden als Brenngut in konischer Form Scheite geschichtet, deren einheitliche Länge für gleichmäßiges „Garen“ sorgt. Mit Lagen von Tannenreisig, Heugras und Lösche (Erde, die Asche und Rückstände früherer Verkohlungen enthält) wird der Hügel luftdicht verschlossen. „Gut Brand“ heißt dann der Köhlergruß. „Zu Anfang kann es ganz schön heiß hergehen“, wissen die Wächter, denn mit kleineren Verpuffungen muss man rechnen. Zu achten ist darauf, dass keine Risse in den Mantel kommen, da einströmende Luft das Feuer auflodert ließe und der Meiler in Gefahr käme auszubrennen. Dass mit längerer Dauer der Brand ruhiger wird, machten sich die Köhler früherer Zeiten zu Nutze, in dem sie gleichzeitig drei Meiler unterhielten von denen jeder ein anderes Stadium hatte.
Am letzten wurde bereits „Geputzt“, wenn die Glut weitestgehend erloschen ist, kann die fertige Holzkohle etappenweise mit dem Rechen „geerntet“ werden. Heiß begehrt war auch am Frankenstein die Ausbeute der einwöchigen harten Arbeit. Nachhause mitnehmen konnten die zahlreichen Interessenten und Zuschauer des „Kehrens“ allerdings nur einen Gutschein: „Auch wenn wir alles penibel auf Glutnester untersuchen und ablöschen, ist die Gefahr zu groß, dass sich doch noch etwas entzündet. Deshalb wird die abgefüllte Kohle im Obsthof Muth zwischengelagert und kann dort später abgeholt werden“, erklärt Reinhold Diehl.
Bis vor rund 120 Jahren gehörte die Köhlerei zum Alltag in der Region, sieben Plätze sind am Frankenstein bekannt und die Gemarkungsname „Im Kohlwald“ stellt einen weiteren Hinweis dar. Wenn wir heute in Vorfreude auf lecker Gegrilltes den im Baumarkt erworbenen Sack mit Brennmaterial öffnen, machen wir uns kaum die historische Bedeutung der Holzkohle klar. „Ein echter Kulturbringer!“, betont der Meiler-Wächter, der sich freute, an seinem 60. Geburtstag Dienst machen zu können. Mit Holzkohle lassen sich so hohe Temperaturen erzielen, dass sie zur Metallschmelze ausreichen. Deshalb war das frühe 19. Jahrhundert eine Hochzeit der Produktion, als man Eisen vielfältig nutzte. Auch solche kulturellen Fortschritte, wie gebrannte Keramik und Glasherstellung wären ohne sie nicht möglich.
Die alte Liebe von Mensch und Holz rostet wahrlich nicht. So waren auch die Jüngsten mit Feuereifer bei der Sache, wenn HessenForst zu Führungen oder Mitmachaktionen wie Löffelbrennen lud, um aus der Meilerwoche unvergessliche Erlebnistage zu gestalten. Bunt und zünftig ergänzte das Ritterlager im Hof der Burg Frankenstein das Spektrum des Naturbegegnungen. “Köhler waren arme Leute und lebten von dem, was die Natur gab“. Die Gruppe Mediaevalis Cultus stellte deshalb schmackhaft Einfaches aus der Kräuterküche vor. Die Meilerwoche machte den HessenForst-Slogan lebendig: „Mehr Wald – mehr Mensch!“

