Zwingenberg und Rodau

Spannende Momente erlebten die beiden Bürgermeisterkandidaten Sebastian Clever (2.v.li.) und Stefan Juchems beim Warten auf die Ergebnisse aus den Wahllokalen. Foto: Thomas Zelinger
08. April 2025 

Der neue Bürgermeister betont das Miteinander

Sebastian Clever ist ab April Chef im Zwingenberger Rathaus und setzt auf Stärken der Stadt und Chancen zu Neuem

ZWINGENBERG, April 2025 (tom), „Bevor Sie fragen: Nein, ich bin nicht glücklich.“ Begleitet werden die Worte von einem freundlichen Tonfall und einem verschmitzten Schmunzeln. Der Satz kommt von Karin Rettig und zielt auf die unausgesprochene Vermutung, die im Raum stehen könnte, dass sie nach Wochen als Interims-Bürgermeisterin in Zwingenberg womöglich froh ist, die Last des Amtes wieder abgeben zu dürfen.

Gesprochen wurden sie am Rande der Amtseinführung des neuen Zwingenberger Bürgermeisters, Sebastian Clever. Die Erklärung für das, bildlich, weinende Auge schob Karin Rettig postwendend hinterher. Es habe ihr Spaß gemacht, als Übergangs-Bürgermeisterin für einige Wochen agieren zu dürfen. Der Kontakt mit den Rathausmitarbeitern, mit den Menschen im Allgemeinen, das liegt ihr. Wer sie kennt, wird dies bestätigen.

Jetzt aber war es an der Zeit, den Platz zu räumen und dem neuen Chef der Stadtverwaltung eben diesen zu bereiten. Weil Karin Rettig Erste Stadträtin ist, war sie es auch, die dem künftigen Bürgermeister bei der jüngsten Sitzung der Stadtverordnetenversammlung die Ernennungsurkunde überreichte. Dies unmittelbar nachdem Sebastian Clever nach Vorgabe von Stadtverordnetenvorsteher Andreas Kovar den Amtseid abgelegt hatte. Später gab es, gleichfalls aus Kovars Händen, die Amtskette, mit der sich der Bürgermeister bei ganz besonderen Anlässen von nun an schmücken kann und in die neben den Namen seiner Vorgänger jetzt auch der eigene Name eingraviert ist.

Der Rahmen der Amtseinführung war feierlich, der Kreis des Publikums höchst ansehnlich. Die Liste der Ehrengäste aus Politik, Wirtschaft, Vereinen, Organisationen, Initiativen und anderen Teilen der Gesellschaft, die von Kovar eingangs begrüßt wurden, war entsprechend lang und die Zahl der Bürger, die sich zudem eingefunden hatten, war groß. Die festlich geschmückte Melibokushalle bot den Platz für die außergewöhnliche Stadtverordnetenversammlung und alsdann auch den Rahmen für die Feier danach mit Gelegenheit zum Plaudern. Das Quartett des Gesangvereins Sängerkranz 1832 haben die Feier musikalisch umrahmt.

Am 1. April wird es sodann ernst für Clever, das nämlich wird der erste Arbeitstag des bisherigen Patentanwalts an seiner neuen Wirkungsstätte.
Der Abend in der Melibokushalle markierte den Beginn einer neuen Ära in der jüngsten Zwingenberg Stadtgeschichte. Wobei sich diese Zeitrechnung ebenso auf den 23. Februar dieses Jahres zurückdatieren ließe, jenen Tag, an dem in der ältesten hessischen Bergstraßen-Stadt der neue Bürgermeister gewählt wurde.

Oder aber, auch dieses Datum könnte geltend gemacht werden:Der 30. November des Vorjahres. Da nämlich ging die Amtszeit des bisherigen Bürgermeisters, Holger Habich, zu Ende. Er hatte nach fast 18 Jahren an der Spitze der Stadtverwaltung vor Ende der Legislaturperiode Abschied von seinem Dienstsitz genommen, um an die Spitze des Ordnungsamtes der Main-Metropole Frankfurt zu wechseln.

Im Ansinnen, die Nachfolge in Zwingenberg anzutreten, waren Sebastian Clever und Stefan Juchems in den Wahlkampf gegangen.

Am Ende ging Clever mit einem Zuspruch von 54,94 Prozent der Stimmen aus dem äußerst fairen und von Sachlichkeit bestimmten Wahlkampf als neuer Bürgermeister hervor. Auch der Wahlabend selbst war von Seiten beider Kandidaten vom gegenseitigen Respekt gekennzeichnet.

Gemeinsam standen sie seinerzeit im Treppenhaus des Restaurants „Bunter Löwe“ und blickten auf die Handys, die die immer wieder aktualisierten Wahlergebnisse wiedergaben, bis das Endergebnis feststand. Im Löwen-Keller selbst waren es Erste Stadträtin Rettig und Landrat Christian Engelhardt, die den Gewinner beglückwünschten, den vorangegangenen Wahlkampf würdigten und auch Stefan Juchems großen Respekt zollten. Nun also, knapp einen Monat später war es der Abend von Sebastian Clever. Und es war Stadtverordnetenvorsteher Kovar, der ein Bibelwort des Apostel Paulus, das derzeit an der Fassade des evangelischen Gemeindehauses in Zwingenberg zu lesen ist, zitierte und Clever dies als, wie er sagte „generelle Empfehlung“ mit auf den Weg in seine Amtszeit gab: „Prüfet alles und haltet das Gute!“

Kritisch bilanzierte der Stadtverordnetenvorsteher die Weltlage und das politische Gebaren in Deutschland auf höheren Ebenen. Unter diesen äußeren Vorzeichen und dem zunehmend engeren Gestaltungsspielraums der Kommunen sind nun das Geschick und die Persönlichkeit des neuen Bürgermeisters in Zwingenberg gefordert, um die Stadt in eine gute Zukunft zu geleiten. „Denn“, so Kovar, „Kommunalpolitik ist nicht bloß Politik im Kleinen, sie hat vielmehr großes Gewicht.

Das, was hier vor Ort beschlossen wird, ist unmittelbar sichtbar und spürbar und betrifft alle ganz direkt.“ Am Ende seiner Rede wurde der Stadtverordnetenvorsteher sodann sehr persönlich, als er sagte: „Möge Deine Amtszeit, lieber Sebastian, von Erfolg, Zusammenarbeit und Fortschritt geprägt sein. Dafür wünsche ich Dir im Namen der Stadtverordnetenversammlung sowie der Zwingenberger Bürgerinnen und Bürger alles Gute und Gottes Segen!“ Clever nahm die Worte in seiner Ansprache auf. Schon zu Beginn, im ersten Satz, bekundete er den Wunsch und Willen zum Miteinander: „Wir stehen heute an einem entscheidenden Punkt – vor einem Weg, den wir gemeinsam gehen werden.“

Und er sprach sodann von „Herausforderungen und Chancen“, von „richtungsweisenden Entscheidungen und neuen Perspektiven.“

Sein Ziel: „Eine Stadt, die nicht nur ihre Stärken bewahrt, sondern auch neue Möglichkeiten erschließt.“ Sebastian Clever dankte für das ihm durch die Wahl entgegengebrachte Vertrauen und er bilanzierte den Zuspruch für sich und seinen Mitbewerber als klares Signal einer willensstarken Bürgerschaft, als er sagte: „Die hohe Wahlbeteiligung von 83 Prozent zeigt, dass Sie sich für die Zukunft unserer Stadt interessieren und Verantwortung übernehmen.“
Das Wahlergebnis sei für ihn gleichermaßen Ehre und Verpflichtung. Zugleich bekundete er ein klares Ziel seines Wirkens: „Mein Ziel ist es, ein Bürgermeister für alle zu sein, der Brücken baut und den Zusammenhalt unsere Stadt stärkt.“ Im Folgenden skizzierte er Schwerpunkte, die sein Arbeiten bestimmen werden, wobei er unter anderem die wirtschaftliche Lage, den demografischen Wandel, die Kinderbetreuung, das Thema Mobilität, den Klimaschutz, die Sicherheit und die Digitalisierung benannte. Er selbst wolle mit ganzer Kraft, mit Herz und Verstand ans Werk gehen, und er fügte an: „Ich freue mich auf die Gespräche, die Diskussionen, die gemeinsamen Projekte. Ich freue mich auf all das, was wir gemeinsam für Zwingenberg erreichen können.“