„Manege frei und Vorhang auf“
Eine Woche trainierten Schüler der Alsbacher Schule am Hinkelstein im Zirkuszelt
ALSBACH-HÄHNLEIN, September 2012 (sawe), Sechs schillernde Plastikreifen rotieren in rasanter Fahrt um Carlottas Hüfte. „Ich hab das schon im Kindergarten gemacht“, erzählt sie mitten im Hula-Hoop-Bündel stehend und strahlt. Damals klappte es mit einem Reifen gut. Heute ist die Sechsjährige ein kleiner Star in der Manege des Mitmach-Zirkus „Flip-Flop“, der an der Schule am Hinkelstein in Alsbach sein Zelt aufgeschlagen hat.
Wie Carlotta geht es noch weiteren knapp 150 Schülern der Klassen eins bis vier der Grundschule – sie alle üben, was das Zeug hält für ihren großen Auftritt vor den Eltern. „Es ist Projektwoche“, erklärt Lehrerin Jule Ruhland, weshalb plötzlich Akrobatik, Clownerie, säbelstechende Piraten, Ziegen und Tauben im Mittelpunkt stehen und nicht rechnen, schreiben und lesen. „Für viele Kinder ist das ein ganz besonderer Schritt“, schildert die Pädagogin, wie es ist, wenn man sich für eine Zirkusnummer entscheiden muss, diese täglich trainiert und am Abend präsentiert. „Die Kinder lernen unglaublich viel – für und über sich selbst – viele wachsen über sich hinaus, beweisen Fertigkeiten, die sie im Schulalltag vielleicht nicht zeigen können“, beschreibt Ruhland, wie auch die Lehrkräfte manchmal unvermutet Neues an ihren Schülern entdecken.
Luca (9 Jahre) schleudert das Diabolo in schwindelnde Höhen und fängt es gezielt mit seiner Schnur wieder auf. Er grinst. „Ich kenne das Diabolo schon von Zuhause und aus der Schulbetreuung“, berichtet er. Beim Zirkus feilte er seine Technik aus und auch die verblüffendsten Tricks klappen jetzt. „Ich muss los“, ruft er und dackelt pflichtbewusst zu seinem Probeeinsatz – am frühen Abend ist Premiere des Programms, da müssen alle Nummern sitzen.
Leonie (8 Jahre) war schon in der runden Arena. Sie gehört zu den Akrobaten. „Wir purzeln übereinander und stapeln uns zu hohen Pyramiden auf oder schlagen Räder“, plaudert sie drauflos. Alle müssen im Team zusammen funktionieren, auch einmal etwas tun, was sie vielleicht nicht so toll finden, damit der Gruppenauftritt passt. „Das ist der Sinn: Teamarbeit bilden und vertiefen“, sagt Daniel Spindler, der aus einer Zirkusfamilie kommt und mit seinem Angebot durch ganz Deutschland reist. Pastellfarbene Staubwischer wischen derweil das Schülerpublikum kitzelnd ab.
Die Clowns haben die Manege erobert und treiben Schabernack. Ihre Slapstickeinlagen lockern auf und bringen alle zum Lachen. Dabei sind die Schüler aufmerksam bei der Sache. Jeder Handgriff, jeder Gesichtsausdruck passt. Zur Vorstellung schlüpfen alle in tolle Kostüme, werden geschminkt und haben Lampenfieber. „Ein bisschen auch jetzt schon“, verrät Carlotta, aber das gehöre dazu, meint sie. Gut 400 Menschen, Omas, Opas, Mütter, Väter und Geschwister sind in jeder der drei Vorstellungen dabei und spenden ordentlich Applaus für die Kinder, die Tiere und die die tolle Idee, die bestimmt noch „Schule macht“.
Dieser Artikel erschien in der Oktoberausgabe des Melibokus Rundblick (Nr.158).

