Affenhitze: Kühle Köstlichkeit gegen Kreislaufkollaps
Mit einer Schaufütterung der Schopfmakaken zeigte das Vivarium das artgerechte Reagieren auf tierische Hitze
DARMSTADT, September 2013 (pem), „Affenhitze!“ so stöhnte doch jeder einmal in den vielen Tagen der „Ü-30“-Temperaturen. Selbst ausgekochten Sonnenanbetern und glühenden Sommerliebhabern schwand schon mal die Schönwetterlust. Die gefiederten und felligen Hausgenossen schwitzten ebenso tierisch.
Wie ergeht es bei der Affenhitze aber tatsächlich den Primaten selber? Einblicke gab im Darmstädter Vivarium eine Schaufütterung der Schopfmakaken. Artgerechte Haltung ist der Standard, doch außergewöhnliche Situationen erfordern kreative Reaktionen zum Wohle der Schützlinge. Das „Cooldown“ für die achtköpfige Gruppe der Art, die im Norden Sulawesis beheimatet ist, besteht in einem Verwöhnmenü – Tierliebe und professionelle Fürsorge geht eben auch oft durch den Magen.
Zwei Eisbomben vom Volumen eines halben Eimers haben die Tierpfleger vorbereitet. In ungesüßtem Früchtetee sind Schitze von Tomaten, Gurken, Äpfeln, Orangen und Zwetschgen eingefroren. „Schmeckt prima,“ versichert Christine Reutzel. „Bis auf das Lebendfutter probieren wir alles, was wir den Tieren servieren, wir spielen gerne die Vorkoster und entdecken dabei, wie lecker vieles ist. Das gesunde Affenfrühstück z.B. besteht aus Bananenquark! Bei der Eisbombe überwiegt der Gemüseanteil, denn bei unserem Supermarktobst ist der Zuckergehalt deutlich höher als bei den Früchten, die die Makaken in freier Wildbahn in weniger reifem Zustand selber pflücken würden. Wir müssen sehr darauf achten, denn Affen haben eine starke Disposition Diabetes zu entwickeln. Das lässt sich zwar medikamentös behandeln, aber mit Umsicht Vorsorge zu treffen, ist allemal besser, als die Hilfe unserer Tierärzte in Anspruch zu nehmen“, beteuert Christine Reutzel. Dann darf die muntere Horde aus dem Warmhaus ins angrenzende Freigelände und ist entsprechend aus dem Häuschen! Mit begeistertem Überschwang verteilt man sich an die zwei in Bäumen aufgehängten Schleckerblöcke. Mit 3,5cm langen biss tüchtigen Eckzähnen braucht man sich allerdings nicht auf lecken, lutschen und schlürfen zu beschränken.
Hierarchien und Sozialgefüge werden erkennbar. Die „Old Lady“ in der Gruppe, die bereits 18-jährige Christine, steht der Angelegenheit gelassen gegenüber, frech behauptet das pubertierende Alphamännchen seinen besten Platz. Alle achten auf Aarun und kümmern sich hingebungsvoll mit kleinen Anreicherungen darum, dass der Jüngste nicht zu kurz kommt! Auf den achtmonatigen Publikumsliebling ist das Vivarium auch als geglückten Zuchterfolg sehr stolz.
Weil die meisten Tiere von der Extremwitterungslage beeinträchtigt werden, berichtet die Pflegerin noch von anderen Maßnahmen des Hitzeschutzes. Den Kaltwasserbedürftigen hilft man mit Eiswürfeln im Aquarium, in den Terrarien dimmt man die Wärmelampen um einige Grade. Wer hier auf den vier Hektar Vivarium-Gelände seine Heimat gefunden hat, kann sich bester Betreuung sicher sein. „Der Zoo hat längst sein altes Tiere-hinter-Gitter-Image verloren. Uns liegt viel daran, Lebensräume und -zusammenhänge erlebbar zu machen“, erklärt Christine Reutzel. Besonders trägt die Zoopädagogik dazu bei verständnisvolles Interesse zu wecken.
Mit thematischen Führungen, Vorträgen, Sonderveranstaltungen kümmert sich Frank Velter um Gruppen vom Kindergarten- bis Seniorenalter. Es gibt noch so viel Interessantes zu beobachten und zu lernen, man ist Feuer und Flamme, so dass man darüber die Affenhitze schon fast vergisst. Als Inspiration für das nächste Gartenfest nehmen wir von der Schaufütterung die Idee der Eisbombe im Baum mit. Ist das kein Partygag? Ein Stück Schlaraffenland gegen das Schwitzen!

