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Kelterfest in Balkhausen 2012Die Helfer des SC Balkhausen haben bei ihrem Kelterfest rund um das Bürgerhaus in Balkhausen rund dreißig Zentner Äpfel zu leckerem Most verarbeitet.
11. November 2012 

Apfelzentner, Mostliter und Landliebe-Markt

Balkhausen feierte das dreizehnte Kelterfest mit Erntedankgottesdienst

BALKHAUSEN, 29. Oktober 2012 (pem), Es ist die Zeit des Erntedanks, die freudig und besinnlich zugleich stimmt. So sehr der Mensch auch arbeitet an der Hege und Pflege, all dessen was wächst und seine Versorgung sichert, reicht diese Mühe doch nicht alleine aus. In seinem Erntedankgottesdienst fand Gerhard Hechler auch kritische Worte bezüglich unseres Umgangs mit den nährenden Gottesgaben: Vernichtung von Nahrungsmitteln aus Gründen der Preisspekulation, Tiermastskandale und irrwitzige „globalisierte“ Transportwege von Gütern nannte er als schlechte Beispiele.

Bedenklich stimme ebenfalls, dass immer mehr Menschen in unserer unmittelbaren Nachbarschaft auf die Tafeln und Warenkörbe sozialer Einrichtungen angewiesen seien. „Dass es sie gibt, ist ein Segen, dass es sie geben muss, eine Schande.“ Für Gerhard Hechler persönlich gab es an diesem Tag besonderen Anlass zu Freude und Dank: vor vierzig Jahren wurde er zum Pfarrer ordiniert und nahm nun zahlreiche Jubiläumsglückwünsche aus der Gemeinde entgegen.

Ein wahrlich feierlicher Sonntag, denn ganz Balkhausen stimmte in den Dankesjubel ein, froh über gutes Gedeihen auf Streuobstwiesen, Gartensträuchern, Feldern und in Bienenstöcken. Beim traditionellen Kelterfest stand natürlich der Apfel im Mittelpunkt. Seit der Sportverein 1970 Balkhausen im Jahr 2000 die Veranstaltung aus der Taufe hob, erfreut sie sich von Jahr zu Jahr größerer Beliebtheit und lockt auch die Nachbarn der umliegenden Gemeinden zu einem Ausflug.

Das Wort „Kelter“ leitet sich vom lateinischen „calcatorium“ ab, was so viel wie „Fußtretung“ bedeutet. Für Äpfel käme die Methode natürlich nicht in Frage, die wohl aber bei Beeren zur Saftgewinnung angewandt wurde. Das eingespielte Team um Keltermeister Alfred Reitz ging da anders vor: „Ebbl wäsche, klaa geschreddert un ab in die Press bis die Briieh leeft.“ Die fleißigen Männer kelterten wohl einige Bäume leer, denn 30 Zentner Äpfel verwandelten sich in köstliche Mostliter: naturbelassen, gesund und vom Geschmack, als sei Evas Paradiesapfel mit gepresst worden. Wer aber die Frucht im Rohzustand mehr schätzt, hatte auf dem kleinen Markt nicht nur die Qual der Wahl, sondern konnte einige Entdeckungen machen. In der Balkhäuser Gemarkung stehen viele alte Bäume, die tatsächlich noch fast vergessene Sorten tragen.

Wo findet man im Supermarkt eine Gewürzluike, eine graue Herbst- oder die Stern-Reinette, den Krummstiel, Lohner Rambur oder Freiherr von Berlepsch? Einige sind wie geschaffen zur Überwinterung und entwickeln erst nach längerer Lagerung das volle Aroma. Der Fantasie der Verarbeitung sind aber auch dabei kaum Grenzen gesetzt: hochprozentige Aufwertung erfahren die Früchte als Edelbrand, der im Gegensatz zu anderen Schnäpschen zart und milde Gaumen und Mägen wärmt. In Marmeladen kombinieren experimentierfreudige Hausfrauen den Apfel gerne mit anderen Früchten, z.B. sogar mit Kürbis.

Nicht nur für den Frühstückstisch, sondern auch zum Backen und überall dort, wo es süß und gesund sein soll, kommt der Honig zum Einsatz. Mehrere Imker setzten die Marktbesucher mit der Sortenvielfalt in Erstaunen: Kornblumen-, Edelkastanien-, Lavendel- und Rosmarinhonig sind schon ungewöhnliche Gaumenfreuden. Pur verkostet ein Genuss, doch eine zusätzliche herzhafte „Landgeschmacksvariante“ wählten die, die sich außer dem Gläschen Honig für zu Hause noch mit einem krustig knackigen Steinofenbrot bevorrateten.

Wen gleich der Hunger packte, war bei der Bewirtung mit Bratwurst, Kartoffelsuppe und Reibekuchen bestens bedient. Rathauschef Olaf Kühn mit Kochschürze und Bratenwender tat erfolgreich neben anderen flinken Helfern sein Bestes zum leiblichen Wohl seiner Bürger. Alle Marktbeschicker stammten aus Balkhausen, das ist Bedingung, um an einen Stand seine Ware zu präsentieren.

Der kleine Ort hat aber nicht nur kulinarische Schätze in Fülle zu bieten, sondern verfügt auch über viele geschickte Hände und ideenreiche Köpfe. Die Früchte der Kreativität von Holzspielzeug bis Stricktextilien und Filzaccessoires bereicherten die Auslagen. Alles in Allem: Ein farbenprächtiges und genussträchtiges Fest.

Fotos von Stefan Oelsner.
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Dieser Artikel erschien in der Novemberausgabe 2012 des Melibokus Rundblick.