Alsbach-Hähnlein

Für die Fragen von Lasse (6J.) aus Hähnlein rund um Zieglinde stand Helmut Bernhard gerne zur Verfügung. Foto: D. Zengel
01. Januar 2015 

Die „Hejner Gaase“ als Geschichtsträger

Neu zusammengestellte Exponate im Alsbach-Hähnleiner Museum beleuchten die Geschichte der Ziegenzucht in Hähnlein

ALSBACH-HÄHNLEIN, Januar 2015 (pem), Der Museumsverein Alsbach-Hähnlein freut sich, ein ganz besonderes Stück Wirtschaftsgeschichte des Ortes präsentieren zu können. Mit umfangreichen Materialsichtungen und Recherchen stellten maßgeblich Wolfgang Horn und der erste Vorsitzende des Vereins, Konrad Hoppe, Exponate zusammen, die anschaulich die Bedeutung der Ziegenzucht in der Historie Hähnleins beleuchten.

Viele Bauernhöfe funktionierten nur als Nebenerwerbsbetriebe, während die Männer auswärts in Anstellungen ihr Geld verdienten. Doch die Pflege und Haltung der „Kuh des kleinen Mannes“ konnte ebenso von Frauen und den meist zahlreichen Kindern versehen werden. Bis 1965 bestand der im Jahr 1900 gegründete Ziegenzuchtverein, wobei die Blütezeit in den vierziger Jahren war. Der originale Roll- und Aktenschrank des Vereins bildet das Herzstück der Ausstellung. Er beherbergt zahlreiche Schriftstücke und Dokumente, die belegen, mit welcher Akribie nicht nur die Buchhaltung versehen wurde, sondern auch wirtschaftliche Planung und Lenkung in die Zucht Einzug hielt. Der Erfolg stellte sich ein. Das beweisen die zahlreichen Plaketten, Auszeichnungen und Leistungsschauprämien der Tiere aus dieser Zeit. „Das gibt uns die Möglichkeit, zugleich die Epoche der Naziherrschaft darzustellen, mit der die Entwicklung in der Landwirtschaft unmittelbar verflochten war“, betont Konrad Hoppe.

Im Hinblick auf den sich anbahnenden Krieg sorgte man in Agrarzentren für die Ertragsoptimierung in den Produktionsschwerpunkten. Der „Reichsnährstand“ als zuständige Behörde erhöhte den Kontroll- und Leistungsdruck, forderte Zuchtverbesserungen zur Steigerung der Qualität und des Volumens an Fleisch und Milch. Zu diesem Zweck wurde die Landbevölkerung zu entsprechenden Schulungen zwangsverpflichtet. Der Tierbestand in Hähnlein wuchs auf über 400 an. Da Ausstellungssiege immer wieder den guten Ruf des Zuchtortes bekräftigten, wurden zu Einkreuzung in anderen Ställen die Ziegen sogar zur Exportware. In Spezialkisten verfrachtet, funktionierte ein gut vernetztes Schienentransportsystem selbst in den Wirren zum Ende des Krieges noch reibungslos. Das bezeugt ein Dankesschreiben aus Königberg, das das Eintreffen des bestellen Tieres nach drei Tagen quittierte. Das Wirtschaftwunder der 50er Jahre kam für Hähnlein folglich auch auf der Ziegenmilch geschwommen. Die Nachfrage nach der so gut verträglichen, nährstoffreichen Milch stieg.1952 erbat eine Frau aus Viernheim ein Tier, da sich die werdende Mutter darum sorgte, ihr Kind nicht selber stillen zu können.

Der Wohlstand hielt in Hähnlein Einzug, so dass man sich bevorzugt im Sanitärbereich um Lebensqualität kümmert. Stolz ist der Museumsverein auf das Tierpräparat. Die gut konservierte weiße Edelziege dürfte ein Ebenbild des legendären „Robar“ sein, Stammvater zahlreiche Ziegendynastien in der Region. Auf beeindruckende Weise verknüpft diese Ausstellung die Erinnerungen an die Blütezeit bäuerlichen Lebens mit den Informationen zur Zeitgeschichte.