Die Klarinette lacht „Shalom“
Eine Matinee mit Irith Gabriely beendete die Ausstellung „400 Jahre jüdischer Friedhof“ im Alsbach-Hähnleiner Museum
ALSBACH-HÄHNLEIN, Dezember 2016 (pem), Über 800 Besucher verzeichnet das Hähnleiner Museum für die nun beendete Ausstellung zur 400-jährigen Geschichte des jüdischen Friedhofs. Nicht nur als historische Dokumentation war dies eine wichtige Schau, sondern wie auch Museumsvereinsvorsitzender Konrad Hoppe betont, als gesellschaftliches Signal: „Wir gehören zu denen, die über Juden reden!“
Schweigen, Vergessen, Ignoranz sind Dünger für den Nährboden der „Faschistischen Tendenzen, die sich aktuell und überall breit machen“. Daniel Neumann vom Landesverband jüdischer Gemeinden in Hessen hatte schon bei der Vernissage gemahnt, dass das Museum mit den „400 Jahren in Stein gegossener Geschichte“ zugleich an eine gänzlich verlorene Welt erinnere. Die Sehnsucht und das Hoffen der jüdischen Bevölkerung auf Gleichberechtigung, friedvolle Koexistenz mit anderen Teilen der Bürgergemeinschaft und respektvolle gegenseitige Anerkennung habe sich als fatale Illusion erwiesen, die im Untergang der jüdischen Welt kulminierte. „Dieser Aderlass, der Untergang der jüdischen Welt war zu gewaltig.“
Eine Fortführung der Kultur in der Reichhaltigkeit der damaligen Tradition sei auch heute trotz wiedererstarkender Behauptung jüdischer Gemeinden nicht möglich. Es bleibe ein schwarzes Loch, bedauerte Neumann. Das inspirierte den Museumsverein, dieses „Loch“ ein kleines bisschen aufzufüllen.
„Dafür hätten wir niemand besseren als Irith Gabriely gewinnen können, die einerseits mit politisch sozialem Engagement und andererseits mit warmherzig charmanten Humor, nicht zu vergessen mit genialer Musikalität die lebendige jüdische Kultur repräsentiert“, versichert Konrad Hoppe. Statt einer klassischen Finissage endete die Ausstellung deshalb mit einer furiosen Irith Gabriely Matinee, deren Publikumsansturm die „Anstalt“ kaum bewältigen konnte. Wenn die Künstlerin ihre Entertainerqualitäten entfaltet, fühlt man sich eher wie von einer guten Freundin eingeladen: sie erzählt im Plauderton von ihrem 94-jährigen Vater in Israel, ebenso wie ihre Kostproben des typisch jüdischen Humors – sie kann und darf das.
Wenn sie das Wesen der Glaubensverwandtschaft zwischen Larmoyanz, Schlitzohrigkeit, Schicksalsergebenheit und unverbrüchlicher Hoffnungskraft liebevoll karikiert, ist sie nur ein jüdischer Eulenspiegel, der neckt ohne zu verurteilen oder gar schmähenden Klischees Vorschub zu leisten. Man lacht manchmal halt ein wenig anders, aber das Publikum verstand die Nuancen. Nichts zu verstehen, aber viel zu spüren, gibt es, wenn Irith Gabriely die Klarinette sprechen lässt – sie weint und lacht noch viel lieber, was immer daraus erklingt, scheint auf den Grundton „Shalom“ gestimmt.
Das gilt ebenso, wenn sie den musikalischen Pfad jüdischer traditioneller Lieder verlässt und auf Jazz-Reise geht. Die Matinee Besucher waren begeistert von der mitreißenden lebensrührenden Impulsivität der Benny-Goodman-Stücke. Diesem vergnüglichen-kulturellen Adventsgeschenk an die Gäste fügte die Künstlerin ein Außergewöhnliches hinzu: „Eigentlich ist die Gage für heute viel zu hoch“, fand Irith Gabriely. Deshalb stellte sie einen zweiten Auftritt mit ihrer kompletten Band für den nächsten Herbst am selben Ort in Aussicht – und bis dahin „Masl tov!“

