Bickenbach, Sport

Peter Hennemann lädt zum Reiterflohmarkt ein. Foto: Archiv/soe
12. Oktober 2013 

Eingespannt in lebenslange Leinen-Leidenschaft

Für „Pit“ Hennemann liegt das Glück auf Erden auf dem Kutschbock hinter den eigenen Pferden

BICKENBACH, Oktober 2013 (pem), Wie das Rad um die Nabe dreht sich auf dem Weidhof alles um das Kutschieren: Mit vielen PS ist seine Existenz voran gerollt und Pferde halten ihn auf Trab. Bei Peter („Pit“) Hennemann verbinden sich Hufschlag mit Herzschlag.

Niemand ahnte wie folgenschwer und prägend der erste Pferdekontakt in den 60er-Jahren sich auswirken würde. Nach dem Schulunterricht lernte er im Pfungstädter Verein das Reiten und lernte dabei noch den Drill alter Kavalleristen kennen. An den Nachmittagen übte man dort auch das Kutschieren und es faszinierte ihn, beim Einspannen und abschirren zu helfen. „Zu Hause hatten wir keine Pferde mehr“, erinnert er sich. Im Streben nach einem modernen Agrarbetrieb war sein Vater als erster am Ort Besitzer eines Traktors. „Als ich den Hof übernahm, war ich dann der einzige, der sich Pferde in den Stall stellte und damit die Felder bearbeitete!“

Es störte ihn nicht, dafür von den Fortschrittlicheren kopfschüttelnd belächelt zu werden. Der „Rossvirus“ hatte ihn schon zu heftig gepackt und sich zu tief eingenistet. Im Laufe seiner praktischen Ausbildung hatte er die Reit- und Fahrabzeichen in Bronze und in Silber abgelegt. „Das goldene wird verliehen, aber das war mir nicht vergönnt“, erklärt Hennemann. Dafür blickt er aber auf eine lange, erfolgreiche Turnierkarriere zurück, die er erst vor vier Jahren beendete. Er bedauert sehr den Interessenschwund am Fahrsport: „Es konzentriert sich auf sehr wenige Veranstaltungen, die meist so weit entfernt stattfinden, dass der Transport von Pferden und Kutsche zu aufwendig wäre.“ Mit Freude denkt er an die früher so zahlreichen regionalen Wettbewerbe zurück mit konkurrenzstarker Teilnehmerschaft. Da darf man schon stolz sein, „wenn man sich gegen 35 andere gute Zweispänner siegreich durchsetzt. Die Ehrenrunden im gestreckten Galopp zum Abschluss – das sind großartige Momente mit überwältigen Gefühlen, die man ein Leben lang nicht vergisst!“

Jedes Turnier erfordert seine spezielle Kutsche. Die Konstruktionen berücksichtigen Schwerpunkt und Charakter der Prüfungen. Leicht und wenig muss das Gefährt für Dressur- und Hindernisparcours sein. Auf Stabilität und gute Federung kommt es beim Geländewagen an.

Bei Peter Hennemann steht mit seiner Marathonkutsche, der Nachbau eines Herrenjagdwagens aus dem 19. Jahrhundert zum Verkauf. Die Stoßdämpferkraft, der zusätzliche Bremskranz und die Ausstattung mit Scheibenbremsen stellen Resultate der sich aktualisierenden und weiter entwickelnden Sicherheitstechnik dar. Charakteristisch für den Wagentyp ist das rückwärtige Trittbrett auf dem Beifahrer durch Gewichtsverlagerung für das Ausbalancieren sorgen. Mit den Jahren der intensiven Turnierbeteiligung wuchs auf dem Hof der Fuhrpark an. Zu Turnier- und Trainingskutschen kamen die historischen Herrenwagen und Breck-Modelle, die sich für Passagiere und Ausfahrten eignen. „Wer gut sein will, muss immer auf dem Stand der Zeit sein!“, beton der Kutschenliebhaber und -fachmann.
Auf ein Dutzend hat er es gebracht. Man erzählt sich die Anekdote, dass in der Familienkasse ein Sümmchen für eine neue Küche angespart war, das dann aber doch wieder der Anschaffung einer Kutsche zufloss. „Man hat schon eine Menge Dummheiten gemacht“, schmunzelt Peter Hennemann und in seinem reuelos verschmitzten Gesicht kann man lesen, dass er jederzeit wieder so handeln würde. Vom sportlichen Bereich verlagerte sich der Akzent zur gewerblichen Nutzung der Wagen. Spektakulär nehmen sich Hennemanns Auftritte bei Festen und Umzügen aus, wenn er schon mal vier- bis sechsspännig unterwegs ist. Für Gruppen bis zehn Personen ist er mit einem seiner komfortablen Wagen im Zweigespann zu buchen für gemütliche zweistündige Ausfahrten. Der Rundkurs führt Richtung Allmendfeld zum Päuschen am Pfungstädter Schützenhof und zurück durch den Wald dem Weidhof zu. Korrekt und stilvoll gekleidet lenkt er „Argon“ und „Ravanna“ oder zwei andere der großen und ruhigen Tiere aus seiner eigenen Zucht. Anders als mit grauem Zylinder und Anzug, die lederne Bockschürze darüber, Lederhandschuhe und Peitsche dazu würde er sich bei solchen Anlässen nie auf den Bock setzen „Das gehört sich so!“ Für den Tag, den viele liebende Pärchen als den schönsten des Lebens planen, hält Hennemann gleich zwei romantische Hochzeitskutschen zur Auswahl parat.
Ob in der älteren weißen mit rotem Samtpolster oder der moderneren mit bequemen edlen Dammastbänken – die Fahrt bringt Glück. Es kann ja gar nicht anders sein bei 8 Hufeisen voran!

Noch zehn eigene Pferde unterhält er jetzt, betätigte sich aber vierzig Jahre als Züchter, wobei über 150 Fohlen durch seine Hände gingen. Mit viel Sensibilität und Fachkompetenz und Kennerblick widmet sich Peter Hennemann nun leidenschaftlich der Ausbildung junger Tiere zu Kutschpferden. Beim Einreiten zeigen sich dem Fachmann Kriterien, die ein Pferd dafür auszeichnen: Verträglichkeit mit anderen, geringe Schreckhaftigkeit und ein vertrauensvolles Wesen sind Voraussetzung für einen künftigen Deichselprofi. Die Fahrqualität hängt aber schließlich von dem ab, der die Leinen in der Hand hält und mit Einfühlungsvermögen, mit unmissverständlichen Hilfen und Anweisungen, nicht anders als beim Reiten, gibt.

„Pit“ Hennemann ist so fest eingespannt in diese Leinen-Leidenschaft, dass vorläufig noch lange kein Abstieg vom Kutschbock in Sicht ist.