Faszinierend nach Stich und Faden
Die Quiltgruppe „MixTex“ zeigt ihre jüngsten farbenprächtigen Arbeiten als Sonderausstellung im Bickenbacher Museum vom 17. April bis 1. Mai
BICKENBACH, April 2016 (pem), Gesteppte Wämser trugen die Kreuzritter unter ihren Rüstungen zur Polsterung. Die Art der Stoffbearbeitung hatten sie in Asien kennengelernt, wo die Tradition sich von China ausgebreitet hatte. Mit ihnen kam das Quilten nach Europa. Eine Kältewelle im 14. Jahrhundert verschaffte Textilien aller Art aus einer Doppelschicht Stoff um eine wärmende Lage Vlies große Popularität. Später entdeckte die Renaissance den schmückenden Aspekt in modischen Kreationen. Dennoch ist Amerika das Heimatland des Quilts, da sich dort aus der praktischen Gewebeaufbereitung ein veritables Kunsthandwerk entwickelte.
Aus dem Zwang zur Sparsamkeit verwendeten die ersten Siedler Reste unbrauchbar gewordener Kleidung zur Herstellung neuer Stücke, meist Decken. Was unter den fleißigen Händen der geduldigen Frauen entstand, war oft die einzige Zier der kargen Blockhütten. Besonders die sehr traditionell nach den Regeln der Wiedertäufer lebenden „Amish“ trieben den kunsthandwerklichen Prozess voran. Die Ordnung als einer der obersten Werte fand in den geometrischen Mustern der Stoffarbeiten eine ästhetische Umsetzung. Für das gesellschaftliche Leben und den Gemeinschaftssinn spielten die „Quilt bees“ eine bedeutende Rolle, bei denen die Frauen eines Dorfes gemeinsam an einem Quilt nähten. In jüngster Zeit hat das Kunsthandwerk sogar einen beachtlichen Rekord zu verzeichnen: zum Gedenken an die der AIDS- Erkrankung erlegenen Menschen entstand 1987 in San Fransico die größte Gemeinschaftsproduktion: Der NAMES-Project-Aids-Memorial-Quilt wiegt 54 Tonnen. Eine Nummer kleiner – aber teilweise immer noch von beachtlicher Größe – sind die Exponate, die eine Sonderausstellung im Bickenbacher Heimatmuseum versammelt.
Ein rarer Genuss für die Besucher, denn nur alle fünf Jahre präsentiert die Gruppe „MixTex“ auf Einladung des Geschichtsvereins dort die neusten Werke. Die Begeisterung für das Zusammenstellen von Stoffen, das Experimentieren mit Formen, das Ausprobieren von Nähtechniken hat die Frauen zusammen geführt und 2003 zur Gründung der Gruppe animierte. Enthusiastisch nach Stich und Faden sind sie alle, doch die Produkte der schwelgerischen Farblust und Stofffreude gestalten sich so unterschiedlich, dass auch der laienhafte Besucher die Bandbreite von Stil und kreativem Handwerk mit Bewunderung ausloten kann. Jede entwickelt ihre persönliche „Nadel-Handschrift“. Ob in abstraken Formen oder motivischen Darstellungen.
„Farben faszinieren mich“ erklärt Tineke Battes, „weil ich aber nicht malen kann, war das Quilten der beste Weg, dem nachzukommen!“ Das Interesse nach neuen Impulsen ist ausgeprägt, so dass die Künstlerinnen nicht nur untereinander mit regelmäßigen Treffen Austausch pflegen, sondern ebenso gerne zu Gast sind bei Fortbildungen. Unvergessen ist das Quilten als Gemeinschaftsaufgabe: Jedes Jahr entsteht im Rahmen eines gruppeninternen Workshop ein MixTex-Kollektiv-Werk, das nun an zentraler Stelle im Kolb´schen Haus zu sehen sein wird. In dem für die Ausstellung wie geschaffenen historischen Ambiente zeigen sechs Mitglieder ihre farbenprächtigen Kostbarkeiten: Tineke Battes, Gudrun Beljan, Ilse Eich und Maxi Ratmann.
Zwischen dem 17. April und dem 1. Mai ist die Ausstellung zu den Öffnungszeiten des Bickenbacher Museums (sonntags von 15 bis 17 Uhr oder nach Vereinbarung) zu besichtigen. Vielleicht wird sie zur Inspirationsquelle und der Besuch stellt den Anfang einer wunderbaren neuen Hobbybetätigung dar?

