Festmahl für Bildungshunger und Wissensdurst
Im prallen Programm der „Langen Nacht “präsentierten sich die Karolinenplatz-Anrainer mit Kulturbeiträgen und ergänzten die TU- Angebote mit „Wissenschaft zum Anfassen“
DARMSTADT, Oktober 2014 (pem), Eine Nacht, die keinen Wunsch offen ließ, außer dem einen: sich halbieren oder verdoppeln zu können! Die „Darmstädter lange Nacht“ wartete mit einem kolossalen Programm auf, das die Besucher manche Qual der Wahl leiden ließ. Selbst wer in akribischer Vorarbeit seinen eigenen Fünf-Stundenplan entworfen hatte, hielt ihn meist nicht ein: zu groß die „Verlockungen am Wegesrand“: Wo die Kunst auf Blickfang geht oder die Musik einen an den Ohren herbeizieht schweift man gerne vom Kurs ab. Trotzdem gelang es der originellen Veranstaltung, den Kern der Initiationsidee umzusetzen.
Bürgernah zeigte sich die TU, eine echter „Heiner“ will sie sein und spüren lassen, dass eine Universität kein Paralleluniversum darstellt. Forschung, Wissenschaft und Lehre kommen aus dem Alltag, dienen nicht geistigem Selbstzweck sondern strömen wieder in die Innovationen und Optimierung des Alltags zurück. Keine Berührungsscheu – im Gegenteil, es sollte die Neugier geweckt und jegliche Schwellenhemmung vermieden werden.
Führungen durch die Bibliothek machten die wissenschaftliche Arbeit unter Nutzung verschiedenster Medien transparenter. Beim Rundgang durch das neue „Karo5“ machten sich die Besucher mit der Studienroutine vertraut und ließen die schlicht aber eigenwillig gestaltete Architektur des Ambientes auf sich wirken.
Von Technikbegeisterten jeden Alters waren die Stände umringt, an denen Studenten ihre ausgereiften Ingenieursleistungen vorstellten. „Akaflieg“ ist ein Projekt des langen Atems, denn schon vor 15 Jahren spielte man in Gedanken und Theorien mit der Konstruktion eines Ultraleichtseglers. Nun stand das elegant fragile Luftfahrzeug in seiner flugtauglichen Endversion vor dem Publikum. „Das Bundesluftfahrtamt verlangt, dass der Rumpf einen Bodenaufschlag im Winkel von 45 Grad unbeschadet übersteht. Nachdem der erste Crashtest schief ging, waren Verbesserungen nötig, aber jetzt passt alles,“ informiert die Studentin. Wer sein Soll an Arbeitsstunden eingebracht hat, kann am Wochenende dann von Heppenheim startend im Gerät das Fliegen erlernen. Hals und Beinbruch! Mit viel Bodenhaftung ist das „Racing Team“ unterwegs. In jedem Jahr ertüftelt eine andere Gruppe ein neues Rennwagenmodell. Spielwiese für verschiedenste Ingenieurwissenschaftliche Spezialgebiete. Ebenso gehört das Erstellen eines Business- und Marketingplans zu den Aufgaben, so wie das Produktdesign. Unterstützende Partnerfirmen übernehmen die Fertigung einiger Bauteile. Wissenschaft ist nicht nur staunenswert, sondern besitzt auch höchsten Unterhaltungswert. Davon überzeugte Johannes Hecker nach den Grußworten des Oberbürgermeisters Jochen Partsch in seiner bunten Experimente-Show. Wer wusste schon, dass in der Lebensmittelindustrie „Food-Akustikdesign“ betrieben wird? Je knuspernder, desto höher steht ein Nahrungsmittel unbewusst in unserer Gunst, die Rückkopplung von Kauvorgang zur Wahrnehmung ist enorm. TU Präsident Prof. Hans Jürgen Prömel belegte es mit einem herzhaften Biss in einen Zwieback.
Während Kunstfreunde in der Galerie Netuschil und in den mobilen Ateliers des BBK (Bundesverband bildender Künstler) auf ihre Kosten kamen, nutzten Pflanzenliebhaber die Gelegenheit zum Schlossgraben- Spaziergang.
Bis 2017 entsteht hier ein kleines grünes Paradies, doch um das zu verwirklichen, ist man auf die Spendenfreudigkeit und aktive Arbeitseinsatzhilfe der Bevölkerung angewiesen. Das „Darmstadtium“ lud zum 60-Minuten-Cowntdown Dynamik- Selbstversuch. Tanzend tastete man sich an die Mitternacht heran. Einen spektakulären Glanz- und Schlusspunkt setzte die Feuershow. Wer hat da nicht entflammt für Kunst, Kultur und Wissenschaft begeistert den Karolinenplatz verlassen?