Darmstadt, Wissen und Computer

Sie erhalten den von der Carlo und Karin Giersch-Stiftung an der TU Darmstadt gestifteten und mit 25.000 Euro dotierten Franziska-Braun-Preis 2013. Foto: TU Darmstadt
26. Juni 2013 

Große Sprünge mit hohen Schuhen

Franziska-Braun-Preis 2013 für MINT-Studierende der TU Darmstadt

DARMSTADT, Juni 2013 (meli), Sie erhalten den von der Carlo und Karin Giersch-Stiftung an der TU Darmstadt gestifteten und mit 25.000 Euro dotierten Franziska-Braun-Preis 2013: Acht Frauen und zwei Männer, die am Wettbewerb „Achilles High Heel“ zur „Optimierung lasttragender Systeme“ teilnahmen. Sie entwarfen den optimalen hochhackigen Schuh unter Berücksichtigung potentieller Risiken – die Nähe zum Sonderforschungsbereich „Beherrschung von Unsicherheiten in lasttragenden Systemen des Maschinenbaus“ an der TU Darmstadt ist unverkennbar.

„Wer spannende wissenschaftliche Lösungsansätze und zugleich auf innovative Weise Gleichstellungsimpulse liefert, hat den Franziska-Braun-Preis mehr als verdient“, findet TU-Präsident Professor Hans Jürgen Prömel. Die hoch dotierte Auszeichnung würdigt Best Practice Modelle an der TU Darmstadt für mehr Frauen in Forschung, Lehre und Studium. „Der nach der ersten Studentin der TH Darmstadt benannte Franziska-Braun- Preis ist ein wichtiges Instrument im Rahmen unseres strategischen Ziels, Studentinnen und Wissenschaftlerinnen insbesondere in natur- und ingenieurwissenschaftlichen Fächern zu gewinnen und auf allen Karriere-Ebenen zu fördern“, so Präsident Prömel.

Preiswürdig war ein achtwöchiges, interdisziplinäres Studentenprojekt, das vom Gleichstellungsteam des Sonderforschungsbereichs (SFB) 805 „Beherrschung von Unsicherheit in lasttragenden Systemen des Maschinenbaus“ ins Leben gerufen wurde. Im SFB forschen seit 2009 gemeinsam Männer und Frauen aus den Ingenieurwissenschaften und der Mathematik. Da in beiden Disziplinen der Frauenanteil eher gering ist, wurde eine Projektarbeit ausgesucht, die vor allem Studentinnen ansprechen sollte. Der High Heel wurde als praktisches Beispiel aus dem Alltag gewählt, um den Studierenden die wissenschaftlichen Themen des SFB zu vermitteln.

Die Herangehensweise war dabei die gleiche wie bei größeren Projekten zur Entwicklung lasttragender Systeme, wie es etwa Baukräne oder Flugzeugtragwerke sind: Denn es mussten Unsicherheitsfaktoren wie unebene, nasse Böden, Glasscherben, Treppen, schiefer Auftrittswinkel und nicht zuletzt der Aspekt des Gewichts einkalkuliert werden. Um zu vermeiden, dass Frauen beim Laufen umknicken oder ein Absatz abbricht, sollte der High Heel sicherer werden.

Zuerst entwarfen die Studierenden anhand einfacher Skizzen und Handzeichnungen die grundlegende Gestaltung der High Heels. Diese wurden dabei definiert als offene Schuhe, bei denen die Riemchen nicht Teil der lasttragenden Konstruktion sind und deren Absatzhöhe mindestens zehn Zentimeter beträgt. Doch nicht nur Sicherheit war ein Aspekt, den die Studierenden zu berücksichtigen hatten, sondern auch der ästhetische Anspruch. „Schöne“ Schuhe sind demnach möglichst leicht und bestehen aus wenig Material – was sich auf den ersten Blick nur schwer mit dem Ziel Sicherheit vereinen lässt.

Unter diesen eher ungünstigen Voraussetzungen einen stabilen High Heel zu konstruieren, gelang jedoch mit Hilfe der mathematischen Optimierung. Aus verschiedenen Lösungsansätzen wählten die angehenden Wissenschaftler eine Methode der Stabwerksoptimierung. Um aber nicht nur für eine vorgegebene Belastung ein stabiles Stabwerk berechnen zu können, wendeten sie die sogenannte Robuste Optimierung an. Mit einem speziell im SFB 805 entwickelten Berechnungs-Programm definierten sie eine Unsicherheitsmenge, innerhalb derer die Last variieren kann. So ergab sich eine Struktur, die
für unterschiedliche Belastungen möglichst stabil ist.

Auftretende Unsicherheiten

Die drei besten Lösungs-Modelle wurden anschließend in ein dreidimensionales CAD-Modell (Computer Aided Design) umgewandelt und die auftretenden Unsicherheiten visualisiert. Um nicht nur graphische Modelle, sondern auch tatsächlich ein fertiges Produkt zu erhalten, wurde dann im Rapid Prototype (RPT)-Verfahren, bei dem mehrere Plastikschichten übereinander geschmolzen werden, ein Kunststoff-Modell hergestellt. Da die so entstandenen High Heels allerdings zu klein waren, konnte kein Praxistest durchgeführt werden. Um dennoch ein Gewinner-Modell küren zu können, wurde in einem Unsicherheits-Bewertungsschema ermittelt, wie gut der jeweilige Schuh die zu Beginn definierten Unsicherheiten beherrschen kann. Ob die mathematisch optimierten High Heels bald auch in den Schuhgeschäften zu finden sein werden, ist ungewiss. Eine Neuauflage des Wettbewerbs zur Optimierung weiterer lasttragender Systeme aus dem Alltag ist jedoch geplant.