Gute Ideen begeistern Alt und Jung
Mit kreativer Vielfalt öffnet sich das Bickenbacher PROCON-Seniorenzentrum als Veranstaltungsort und Generationsbegegnungsstätte
BICKENBACH, Mai 2013 (pem), Lanzen bewehrt und Lindwurm umringelt grüßt in Überlebensgröße blondgelockt Jung-Siegfried. Das Sagenhafte und die kleinen Heldentaten verbergen sich aber in der Entstehungsgeschichte der Nibelungen-Figur, die das Foyer des Bickenbacher PROCON-Seniorenzentrums schmückt.
Der heroische Recke ist das Produkt vieler arbeitsreicher Stunden, die Hausbewohner mit fleißig vergnügtem Werkeln verbrachten. Quartalsweise befasst man sich im Haus mit einem thematischen Schwerpunkt. Das Team von Einrichtungsleitung und betreuenden Kräften überlegt sich Annäherungsmöglichkeiten von verschiedensten Seiten, um so viele Sinnes-kanäle wie möglich einzubinden.
Aktivitätskonzepte werden entwickelt, die Lesungen, Vorträge, Bewegungs- oder Ausflugsangebote enthalten. Besonders betont und gefördert wird der musisch-kreative Bereich. „Literatur im Spiegel der Zeit“ lautete die Vorgabe für die ersten drei Monate des Jahres. Der Ideenfunke zur heldenhaften Umsetzung sprang auf im Kopf von Annelie Brühl. Sie arbeitet als Präsenzkraft im Haus.
Die auf dieser Basis Beschäftigten haben keine fest umrissenen Aufgabenkataloge zu erfüllen, sondern können zu der abwechslungsreichen Gestaltung des Alltags der Senioren durch die Entfaltung ihrer Talente beitragen. Nach ihrem Berufsleben als Architektin beschäftigten Annelie Brühl vor dem Hintergrund der Erkrankung ihres Vaters, die Möglichkeiten des kreativen Arbeitens mit alten, speziell auch demenziell beeinträchtigten Menschen.
In enger Kooperation mit Einrichtungsleiterin Heike Kopf-Rohner plant sie künstlerische Aktivitäten. So kreierten die beiden Frauen auch die originelle Geburt des Siegfried. Seine starke Siegerpose geht auf die Verwandlung eines Weihnachtsbaums zurück.
Statt der üblichen Entsorgung erlebt er als Heldenrückgrat Enormes. Die fleißigen Senioren umpolsterten das Gerüst mit Stroh zur Körperform, die im nächsten Produktionsschritt mit Papiermachee geglättet wurde. Bemalung und Kostümierung folgten, fertig war der prächtige Edelmann. Wie bei allen vorangegangenen Projekten bewies sich, wie gut die Motivation der Senioren funktioniert.
Einige „Mutige“ sind schnell zur Teilnahme entschlossen, doch der Kreis der Interessenten wächst erfahrungsgemäß rasch im Verlauf des Projekts. „Sie sind richtig stolz darauf mitzuarbeiten“, bestätigt Annelie Brühl. „Die Menschen genießen sehr die konzentrierte Selbstvergessenheit beim Arbeiten, das Gefühl, das man früher als Kind beim Spielen kannte.“ Heike Kopf-Rohner betont, dass sich die Senioren sehr mit ihrer kreativen Tätigkeit und den sichtbaren Resultaten identifizieren. Dadurch wird nicht nur das Selbstwertempfinden gestärkt, sondern auch ein wichtiger Beitrag zur allgemeinen Lebensqualität und zum „Zu-Hause-Gefühl“ geleistet.
In diesem Zusammenhang ist das Haus auch auf einer anderen Schiene ebenso ideenreich, wie planungsaktiv und experimentierfreudig in der Praxis.
Die Öffnung mit gut nachbarschaftlichen Kontakten zur Bickenbacher Bevölkerung ist ein erklärtes Ziel von PROCON. Zum anderen hat der Brückenschlag zwischen den Generationen oberste Priorität für Heike Kopf-Rohner und den Stab ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Die Kooperationen mit dem Schuldorf Bergstraße und der Hans-Quick-Schule führten schon zu erfreulichen Ergebnissen der Kontaktaufnahme von Kindern und Senioren beim gemeinsamen Tun und Erleben. Schwellenängste abbauen, Vorurteile revidieren, gegenseitiges Verständnis entwickeln und zu einem offenen rücksichtsvollen Umgang mit- einander kommen, sind nicht zu hoch gesteckte Ansprüche an die Begegnungen. Räumliches aufeinander Zugehen begünstigen Besuch und Gegenbesuch der Einrichtung. Bürgermeister Günter Martini hält als Schirmherr seine Hand über den offiziellen Start der Cooperation mit der Hans-Quick-Schule im Mai 2013.
Als nächstes steht ein Vormittag zum „Buddeln mit Oma und Opa“ auf dem Programm und die Vorbereitungen zum Generationen-Sommerfest starten bald. Wie sehr Jung und Alt zusammengehören, wie schnell andererseits die Jugend davon rennt und der Ruhestand eintritt, hat Annelie Brühl eindrucksvoll künstlerisch umgesetzt. Im Café ROCCO kann man darüber nachsinnen, wenn man ihre Gipsschuh-Chronologie betrachtet.
Babysöckchen, Turnschuh, Wanderstiefel, Arbeitstreter und dann wieder ein Kinderschuh der Nachkommen. Der Lauf der Zeit, des Lebens und der Welt!
Alle Fotos: Stefan Oelsner
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