Bensheim, Urlaub und Reisen

Christable Britto mit ihrer Gastfamilie. Foto: Karl Kübel Stiftung/Schumacher
22. Dezember 2018 

„Ich habe gelernt, eigene Entscheidungen zu treffen“

Die indischen weltwärts-Freiwilligen der Karl Kübel Stiftung nehmen viele wertvolle Erfahrungen mit in ihre Heimat

BENSHEIM, Dezember 2018 (meli), „Das war eine meiner besten Entscheidungen“, sagt Christable Britto über ihren weltwärts-Freiwilligendienst Süd-Nord. Seit Mai sind die 24-jährige Inderin und drei weitere indische Freiwillige der Karl Kübel Stiftung für Kind und Familie an der Bergstraße im Einsatz. Am 28. Dezember heißt es Abschied nehmen, dann geht der Flieger zurück nach Indien. Welche Eindrücke und Erfahrungen nehmen sie mit?

„Ich habe viel gelernt, insbesondere auch im Umgang mit behinderten Menschen“, erzählt Christable, die bei der Behindertenhilfe Bergstraße in Lorsch im Einsatz war. „Die Menschen mit Behinderung können hier arbeiten und ein selbstständiges Leben führen. Sie werden auch darin unterstützt, eigene Entscheidungen zu treffen. Das finde ich gut.“ In Indien sei das nicht selbstverständlich.

Auch Frauen, die Gabelstapler fahren, sind in ihrer Heimat die Ausnahme. Arun Maruthachalam, Freiwilliger am Hofgut Oberfeld in Darmstadt, war ganz erstaunt, als er in Deutschland zum ersten Mal ein Mädchen am Steuer eines Gabelstablers sah: „Hier gibt es keine Diskriminierung von Frauen“, meint der 21-Jährige. Arun hat sich auf dem Hofgut viel Wissen über biologischen Anbau angeeignet und ausprobiert, welche indischen Gemüsesorten hier wachsen. Die Flaschenkürbisse und Bittermelonen wuchsen in Darmstadt prächtig!

Im Alltag haben die indischen Freiwilligen vor allem die Eigenverantwortlichkeit zu schätzen gelernt. „Bei Diskussionen hat jeder die Möglichkeit, seine Meinung einzubringen“, betont Pavithra Kandasamy. Sie und Sujay Kiran halfen bei der Darmstädter Tafel mit. Dort ist ihnen bewusst geworden, wie wichtig es ist, sorgsam mit Lebensmitteln umzugehen. Pavithra: „Ich überlege jetzt zweimal, bevor ich etwas wegwerfe.“

Alle vier Freiwilligen sehen in ihrem Einsatz eine persönliche Bereicherung. „Ich habe hier gelernt, Probleme nicht zu umgehen, sondern zu lösen“, sagt Pavithra. Christable betont, dass sie unabhängiger geworden ist. „Ich habe gelernt, eigene Entscheidungen zu treffen und dazu zu stehen. Das war ich aus Indien nicht gewohnt. Dort bekommt man immer genau gesagt, was man tun soll.“

Untergebracht sind die Inder*innen während ihres Aufenthalts in deutschen Gastfamilien. Christable hat bei Familie Schumacher in Einhausen in den vergangenen Monaten ein neues Zuhause gefunden. „Ich fühle mich bei ihnen sehr wohl.“ Sie und ihre Gasteltern lernen viel von- und übereinander. Es ist für beide Seiten eine Bereicherung. Vanessa Schumacher: „Durch Christable haben wir viel über Indien und die indische Kultur erfahren. Dienstags wurde bei uns zum Christable-Tuesday, da hat sie immer für uns gekocht: Kichererbsen-Curry, Ei-Curry, Gemüse-Curry… Schmeckte immer genial!

Interkulturelles Lernen ist aber nur ein Ziel des weltwärts-Freiwilligendienstes Süd-Nord. Darüber hinaus möchte die Karl Kübel Stiftung damit die Freiwilligen ermutigen, sich in ihrem Heimatland mit dem erworbenen Wissen und den neuen Erfahrungen für andere Menschen einzusetzen, Denkanstöße zu geben und zu Multiplikatoren zu werden. Christable hat schon einen Plan: “Ich möchte gern im Bereich Katastrophenhilfe arbeiten.” Und auch die anderen stecken voller Ideen.

Wenige Tage vor Heiligabend sind die vier Gäste aus Indien aber erst mal gespannt auf das Weihnachtsfest. An den Rückflug mögen sie noch gar nicht so recht denken. Pavithra: „Ich gehe mit sehr gemischten Gefühlen. Natürlich bin ich glücklich, meine Eltern wiederzusehen, aber ich bin auch traurig, von hier wegzugehen.“ Über eines sind allerdings alle vier sehr froh: Sie haben Schnee gesehen! „Wir haben sogar eine Schneeballschlacht machen können“, erzählt Christable strahlend – und freut sich schon darauf, mit ihrer Familie in Indien gemeinsam Silvester zu feiern.


Gasteltern gesucht

Auch 2019 werden vier Inder*innen ihren Freiwilligendienst an der Bergstraße absolvieren. Die Karl Kübel Stiftung sucht daher Gastfamilien zwischen Heppenheim und Darmstadt, die von Mai bis Dezember 2019 eine/n Inder*in aufnehmen möchten. Die Freiwilligen werden während ihres Einsatzes von zwei Mentorinnen betreut, die auch den Gasteltern zur Seite stehen und sich um Organisatorisches, wie z.B. Anmeldung der Freiwilligen bei der Gemeinde, kümmern. Kontakt: Kirsten Sames, Tel. (06251) 700576, E-Mail: k.sames@kkstiftung.de