Alsbach-Hähnlein, Garten-Natur-Tiere

Karl Rechel (li.)und sein Clubkollege Gerhard Dentler begutachten das wuchernde Grün mit Sorge. Foto: ps
01. September 2020 

Invasion aus Asien: Götterbaum kaum noch zu stoppen

Umwelt: Pflanzenart breitet sich stark in der Region aus

ALSBACH-HÄHNLEIN, September (pes), Er gilt als sehr dekorativ, schnell wachsend und anspruchslos – eigentlich ideal für Hobbygärtner. Dennoch sollte man den Götterbaum aus dem Garten verbannen: Das Gehölz breitet sich über seine Samen stark aus und bildet große Wurzelgeflechte, so dass heimische Arten verdrängt werden. Die EU hat den Götterbaum auf die Liste invasiver, also gebietsfremder Arten gesetzt: Er gefährdet nicht nur das Straßenbild, sondern auch die Gesundheit von Mensch und Tier.

Wo Ailanthus altissima Wurzeln schlägt, ist er kaum mehr zu vertreiben. Dem Gast aus Asien scheint es ausgezeichnet zu gefallen in Deutschland. In Großstädten wuchert die Art vielerorts üppig. Aber auch in der Region zwischen Darmstadt und Bergstraße sieht man die Art in den vergangenen Jahren immer häufiger. Peter N. Klüh aus Kranichstein hat das Vorkommen des Baums seit 2016 dokumentiert und seine Erfahrungen in seinem Buch „Der Götterbaum“ zusammengefasst. Weniger eine Hommage als eine Kampfansage. Neben einer umfangreichen Bestimmung von Bestand, Potenzial und Kennzeichen plädiert der Autor ausdrücklich für ein höheres Problembewusstsein in der Bevölkerung. Ämter, Verwaltungen und Landschaftspfleger seien gefordert, effektive Managementstrategien zu entwerfen, um dem Eindringling zu Leibe zu rücken.

Karl Rechel aus Alsbach-Hähnlein ist gelernter Gärtner. Auch er hat das Buch gelesen. Und er weiß, wie zäh der Götterbaum tatsächlich ist. Seit 15 Jahren ist er Platzwart beim Tennisclub Alsbach. Aber so etwas hat er in all den Jahren noch nicht erlebt. „Wenn man die Pflanzen entfernt, wachsen sie in Windeseile wieder nach.“ Trockenheit stört ihn nicht. Der Klimawandel wird also kein globaler Komplize sein. Im Gegenteil: Der Götterbaum könnte einer der Profiteure der globalen Erwärmung sein. Auch mit Schadstoffen im Boden, Dauerfrost und schmutziger Luft kommt er bestens klar. Deshalb wird er gern als Straßenbaum gesetzt. Über Streusalz, Abgase und Nährstoffmangel kann er nur müde lächeln.

Karl Rechel indes blickt ernst. Auf dem Sportgelände und in dem Streifen zwischen Tennisclub und B3 sieht man unzählige dieser Laubgewächse, die pro Jahr drei bis vier Meter wachsen und heimische Arten zunehmende verdrängen. Auch im Bereich der Pfarrtanne sowie bis hinüber nach Zwingenberg seien die Bäume mittlerweile verbreitet: „Ich weiß, dass die gesamte Bergstraße bis Heidelberg betroffen ist.“ Seine Botschaft: Die Menschen sollen wissen, um was es sich bei dem Baum handelt und wie man ihn – wenn das überhaupt noch möglich sei – im Zaum halten kann. Auch bei der Gemeinde ist er mit dem Thema bereits vorstellig geworden. Der Götterbaum gilt als Überlebenskünstler: unterirdische Wurzelausläufer können bis zu 15 Meter vom Stamm entfernt austreiben. Die geflügelten Samen werden schnell über größere Distanzen verbreitet. Sogar gefällte Bäume treiben aufgrund eines starken Stockaustriebs bald wieder neu aus, wenn man sie nicht samt des kompletten Wurzelballens aus dem Erdreich entfernt. Dass der Baum auf fast alle Störungen positiv reagiert, ist die wohl größte Herausforderung.

Ein zusätzliches Problem ist, dass der Baum aus China und Vietnam, der etwa Mitte des 18. Jahrhunderts nach Europa gelangte, oftmals als Zierpflanze gilt. Viele Menschen pflanzen die Art bewusst an. Dabei sollten sie sich lieber von ihm fernhalten. Der Götterbaum enthält Inhaltsstoffe, mit denen er sich Konkurrenz und Fressfeinde vom Hals hält. Von heimischen Pflanzenfressern wird die Art daher gemieden. Das Gehölz steht in Verdacht, beim Menschen Allergien auszulösen. Der Saft in Borke und Blättern enthält Substanzen, die bei Berührung Hautreizungen verursachen können. Experten sehen aber vor allem die heimische Biodiversität bedroht. Die Europäische Union hat daher im Juli 2019 eine Verordnung mit einem Handels- und Pflanzverbot für den Götterbaum erlassen. Besser spät als gar nicht, kommentiert Karl Rechel.

Der wuchernde Asket wird außerdem gern mit dem Essigbaum verwechselt, der allerdings gezahnte Teilblätter hat. Der Götterbaum zeigt eine in Längsrichtung gemusterte Rinde und kann im Gegensatz zum Essigbaum (bis zu acht Meter) bis zu 30 Meter in den Himmel ragen. Daher auch der Name. Ein unverwechselbares Kennzeichen sind die an der Unterseite der Blätter vorhandenen Drüsen. Die Blätter selbst sind unpaarig gefiedert und ähneln in Form denen der Esche und Vogelbeere, sind aber deutlich größer. Die Blüten der männlichen Pflanze strömen im späten Frühjahr einen unangenehmen Geruch aus.

Auch Karl Rechel hat die Nase voll. Auf dem Tennisgelände hat der Gärtner schon einiges ausprobiert, um eine Ausbreitung zu verhindern. Durch das Einschneiden der Rinde, das sogenannte Ringeln, konnte der Nährstofffluss zwischen Wurzel und Krone gestört werden. Ein kleiner Erfolg. Letztlich, so zitiert der den Buchautor Klüh, könne aber nur eine Bekämpfung durch Herbizide eine rasante Ausbreitung verhindern. Eine chemische Bekämpfung mit dem Wirkstoff Triclopyr gilt als möglich.
Rechel weist darauf hin, dass das herausgerissene Pflanzenmaterial richtig entsorgt werden muss. „Das gehört auf keinen Fall in den Kompost oder in die Biotonne.“ Denn so würde sich der Götterbaum nur noch weiter verbreiten. Und daran könne nun wirklich niemand ein Interesse haben.