Bickenbach

Für das passende brasilianische Flair sorgte die Capoeira-Gruppe „Sao Salvador Capoeira“ aus Darmstadt. Foto: soe
04. Juni 2016 

Latinoflair über Show-, Schwof- und Schlemmerstunden

Das Deutsch-Brasilianische Familienfest in Bickenbach bot unterhaltsamen Kulturenmix

BICKENBACH, Juni 2016 (pem), „Wir Brasilianer feiern einfach unheimlich gerne, das liegt mir so im Blut!“, lacht Simone Santos-Greiner. 21 Jahre Deutschland haben daran nichts geändert. Seit fünf Jahren lebt sie in Bickenbach und bereitet nun den Schritt in die berufliche Selbständigkeit vor, nachdem ihre juristischen Diplome auch in Deutschland anerkannt wurden.

„Ein Fest zu veranstalten, bedeutet bei uns immer, dass sehr viele Leute zusammenkommen. Auf jeden Fall trifft sich aber die ganze Familie mit allen die dazu gehören, so dass alle Altersstufen vertreten sind. Da tanzt schon mal der Opa mit der Enkelin. Es gibt keine solchen strengen Abgrenzungen von Gruppen, keiner denkt sich was dabei, Alt und Jung finden ganz selbstverständlich zusammen.“

Die Ungezwungenheit vermisst die Frau mit südamerikanischem Temperament bei den Deutschen. „Ich finde es auch so schade, dass man überhaupt das Familienfeiern zu kurz kommen lässt. Irgendwie gelingt es doch bloß in Ausnahmefällen, wie Hochzeit oder Beerdigung wirklich alle zu versammeln. Mir liegt sehr viel an Traditionen und an Brauchtumspflege. Deshalb wollte ich mit diesem Fest einen Impuls geben, zu einem intensiven und persönlichen Austausch“. Der Versuch einer speziellen „Willkommenskultur“ sieht deshalb auch ein kulinarisches Dialogprogramm vor: nord-südliche Köstlichkeiten ergänzten einander, wie Fisch in Kokosmilch zu Frankfurter grünen Soße. Die „Impadas“, Hähnchenfleisch gefüllte Küchlein, machten Durst auf Caipi und andere Cocktails oder ein Gläschen Bergsträßer Wein. Die Seele jeder geselligen Zusammenkunft ist natürlich die Musik. Mit dezenter Piano-Klanguntermalung der Kaffeestunde holte Michael Freund Strandbar-Atmosphäre in den Bickenbacher Bürgersaal. Wie eine milde Meerbrise breitete sich Sambamelancholie und sanfter Swing aus, der angeregte Gespräche in den gemütlichen Tischrunden zu ließ. Zur fortgeschrittenen Stunde – passend als Bewegungsangebot nach dem Abendessen – spielte die Summertime Bluesband auf.

Etliche Besucher widerstanden der rhythmischen Verlockung nicht und tummelten sich ausgiebig zur Evergreenparade auf der Tanzfläche. Ein ganz besonderes Gastgeschenk bereitet Simone Santos-Greiner ihrem Publikum mit einem urtümlichem Stück brasilianischer Kultur: Capoeira ist Nationalsport und wurde kürzlich sogar als schützenswertes Weltkulturerbe anerkannt. Als Mischung aus Tanz und Kampfübungen entstand sie einst in den Reihen der Sklaven und Unterdrückten.

Trommeltakt und Gesang zur Berimbao, einem einsaitigen Zupfinstrument, begleiten die geschmeidigen akrobatischen Bewegungsabläufe. Ohne einander zu berühren, umspielen die Körper der Kampftanzpartner einander. In der Gruppe Capoeira Sao Paulo trainieren Männer und Frauen aller Altersstufen miteinander und sogar die Kinder waren bei dem äußerst eindrucksvollen Auftritt mit von der Partie.

Dank der rührigen Gastgeberin konnte der Feierfreudenfunke auch leicht auf die überspringen, denen die Festkultur nicht im brasilianischen Blut liegt.