Mit dem Elektro-Trabi auf dem Weg in die Alpen
DARMSTADT, Juli 2015 (hol), Die Zukunft des Individualverkehrs wird elektrisch sein, da sind sich alle Experten einig. Andererseits hinkt der Absatz von E-Autos in Deutschland weit hinter den Hoffnungen der Politik hinterher. Der „Tag der Elektro-Mobilität“ auf dem Karolinenplatz in Darmstadt bot Gelegenheit zur Ursachen-Analyse. 13 Aussteller hatten sich zusammengetan, zeigten Experimentelles, Unikate und Serienmodelle, zudem machten die Teilnehmer der WAVE-Rallye auf dem Platz vor Landesmuseum, Staatsarchiv und Technischer Universität Station.
Dabei zeigte sich deutlich eines der Hemmnisse für die Massenverbreitung von E-Mobilen: Die Akkus müssen oft geladen werden, und das dauert – zwar nicht mehr so lange wie noch vor wenigen Jahren, sondern dank moderner Akku-Technik nur noch wenige Stunden, und die wenigsten Reisenden sind dabei auf der Suche nach einer neuen Langsamkeit. Modelle der Selbstversorgung über Fotovoltaik auf Dach und Motorhaube scheinen weitgehend ausgestorben – wohl weil die so erwirtschaftete Energiemenge kaum ausreicht für vernünftigen Vortrieb.
Für einige Aufmerksamkeit sorgt die Rallye-Vorfahrt des E-Trabi-Gespanns mit Wohnwagen, der nicht nur angehängtes Schlafzimmer ist, sondern auch Zusatz-Akkus birgt, die für mehr Reichweite sorgen. „Wir kommen jetzt gerade von einem Solarmodul-Hersteller, bei dem wir geladen haben“, berichtet Ole Hummel aus Dresden. „Wir sind zum dritten Mal dabei, und diesmal sind die Zeitvorgaben manchmal nicht nachzuvollziehen – wenn die Ladezeiten nur ganz knapp für die nächste Etappe reichen“.
Womit man beim nächsten Hemmnis angelangt ist: der Reichweite. Im Trabi-Fall sieht die so aus: „Das Auto fährt zwar auch ohne Anhänger, aber mit fährt es weiter“, erklärt Hummel: „130 Kilometer“. Da wird es noch dauern bis zum Ziel im Süden der Alpen. „Mich interessiert das Thema elektrische Fortbewegung schon“, sagt Rentner Reinhold Lotz, der mit seinem Pedelec eigens aus Erzhausen bis zum Karolinenplatz geradelt ist. „Aber das Elektrofahrrad reicht mir. Ich habe ein ziemlich neues Auto, einen Diesel, und den werde ich vermutlich bis ans Ende meiner Tage fahren – zumal mir die E-Autos noch viel zu teuer sind“, formuliert er ein weiteres Hemmnis. Hinzu kommt für ihn das Reichweiten-Defizit: „Man will ja auch mal eine weitere Strecke in Urlaub fahren.“
Manches wirkte sehr experimentell – wie das Sportmotorrad, für das Professor Hans-Peter Bauer mit seinen Studenten an der Hochschule Darmstadt an einem intelligenten Antriebs- und Energie-Rückgewinnungskonzept für beide Räder tüftelt. Damit soll bei starkem Verzögern verhindert werden, dass das Hinterrad abhebt, und bei starkem Beschleunigen soll das Vorderrad am Boden bleiben. Bauer glaubt nicht, dass diese Technik mal in Straßenmaschinen Anwendung finden wird, sieht aber Perspektiven für den Rennbetrieb, zumal man mit der Energie-Rückgewinnung mit kleineren Akkus auskommt und Gewicht spart. Elektro-Antrieb und „sportliches“ Fahren – das muss kein Widerspruch sein, zumal ja ein Elektromotor bei jeder Drehzahl sein volles Drehmoment zur Verfügung stellt und komplexe mechanische Schaltgetriebe entfallen können. Wie um dies zu unterstreichen, steht am Stand von Evonik ein Lotus.
Ganz in der Nähe stehen mehrere Fahrzeuge, die dem Reichweiten-Problem reduzierte Masse entgegensetzen. Sie wirken allesamt wie moderne Interpretationen des Messerschmitt-Kabinenrollers, und mit Renaults „Tweezy“ schnurrt ja schon seit einigen Jahren eine mehr oder weniger alltagstaugliche Variante über Deutschlands Straßen. Mehr oder weniger alltagstauglich. Eine Gruppe junger Leute unterziehen diese E-Mobile einem besonderen Tauglichkeitstest – und entdecken ein weiteres Hemmnis. Was muss reinpassen? „Fahrer, Freundin und ein Kasten Bier!“ Etliche Kabinenroller fallen durch.
Fotos: Klaus Holdefehr
[nggallery id=357]

