Der RMV fährt zwischen Aschaffenburg und Wiesbaden heiße Luft spazieren
Die 1. Klasse bleibt leer, die 2. Klasse ist überfüllt
DARMSTADT, Juni 2013 (meli), Seit 2008 werden von Aschaffenburg über Darmstadt nach Wiesbaden Züge mit zu hohem Anteil an 1. Klasse-Plätzen eingesetzt. Der Vorsitzende des Regionalverbands Starkenburg des Fahrgastverbands PRO BAHN e.V., Dr. Gottlob Gienger stellt fest: “Die 37 Plätze der ersten Wagenklasse, die das gesamte Oberdeck eines Doppelstockwagens einnehmen, sind zu keiner Tageszeit und an keinem Wochentag auch nur annähernd ausgelastet: Wir haben maximal sechs Fahrgäste gezählt! Dagegen herrscht in den Abteilen der 2. Klasse (derzeit 256 Plätze) morgens und mittags, wenn Schüler und Studenten nach Hause fahren, drangvolle Enge, so dass manchmal kaum die Stehplätze ausreichen. Dies gilt insbesondere dann, wenn bei einem Drei-Wagen-Zug auch noch ein Wagen abgesperrt ist.”
Für Pro Bahn zeigen sich diese Mängel erst seit der europaweiten Ausschreibung des RMV 2008. Seither setzte die damals erfolgreiche DB Regio auf der Linie 75 lokbespannte modernisierte Doppelstockgarnituren mit den genannten Mängeln in der Sitzplatzverteilung ein.
Dass es anders geht, zeigt die Situation vor der Ausschreibung 2008: DB Regio hatte lokbespannte Vier-Wagen-Wendezüge eingesetzt, die Züge boten 296 Plätze in der 2. Klasse und 30 Plätze in der 1. Klasse.
In intensiven Diskussionen seit 2011 mit RMV-Geschäftsführer Klaus-Peter Güttler, Oberbürgermeister Jochen Partsch, Verkehrsdezernentin Brigitte Lindscheid, Kreisbeigeordneten Christel Fleischmann, DADINA-Geschäftsführer Matthias Altenhein und LNVG-Geschäftsführer Christian Sommer hatte PRO BAHN drei Möglichkeiten einer Lösung vorgeschlagen:
1. Aufhebung der 1. Klasse mangels Nachfrage, diese erforderte nur einige neue Aufkleber außen und innen an den Waggons
2. Kostengünstige Verkleinerung der 1. Klasse auf 12 Plätze pro Zug.
3. Einsatz von 4-Wagen-Zügen in der Hauptverkehrszeit.
Nach zweijähriger(!) Prüfung teilte RMV-Chef Güttler am 17. Mai 2013 seine ablehnende Entscheidung mit:
“Die Linie 75 weist im Zulauf auf Mainz-Wiesbaden und Darmstadt eine hohe Auslastung auf. Infolge einer längerfristigen Baumaßnahme im Bereich Mainz müssen darüber hinaus HVZ-Verstärkerzüge über Mainz-Kastel umgeleitet werden. Dieser Umstand führt dazu, dass es in den weiterhin über Mainz Hbf verkehrenden Züge in Einzelfällen zu Engpasssituationen kommt. Die Baumaßnahmen werden nach aktuellen Informationen der DB AG noch bis Ende 2014 andauern.
Die Umwandlung der 1.Klasse bzw. der Umbau der Abteile wurde von uns geprüft und aus Nutzen-Kosten-Gründen verworfen. Hierbei bitten wir zu berücksichtigen, dass die 1.Klasse integraler Bestandteil unserer Angebotspolitik ist und wir auf einer derart wichtigen Verbindung nicht darauf verzichten wollen.
Damit die Kapazitäten bei steigender Fahrgastnachfrage erweitert werden können, lassen wir eine Verlängerung der vorhandenen Nutzlängen der Bahnsteige prüfen als Voraussetzung für eine mögliche Verstärkung der Zugeinheiten. Auch diskutieren wir gemeinsam mit unseren Partnern punktuelle Erweiterungen des 30-Minuten-Taktes. Während diese überschaubaren Maßnahmen mittelfristig greifen können, zeigen unsere Untersuchungen u.a. im Rahmen der regionalen Nahverkehrsplanung, dass die Gewinnung zusätzlicher Fahrgastpotenziale einen nachhaltigen Ausbau der Infrastruktur insbesondere im Ballungsraum erfordern.”
Nach Einschätzung von PRO BAHN basiert diese RMV-Entscheidung auf falschen und z.T. irreführenden Argumenten:
– Das hehre Prinzip “1. Klasse überall” ist fehl am Platze, wenn Fahrgäste in der 2. Klasse stehen müssen und in den Mehrzweckabteilen kein Durchkommen ist.
– Bis 2008 fuhren in den Hauptverkehrszeiten auch schon Züge mit 4 oder 5 Wagen, eine Verlängerung der Bahnsteige ist also nicht notwendig.
– Die Schaffung ausreichender Platzkapazitäten hat mit dem Ausbau der Infrastruktur nichts zu tun.
– Ein 30-Minuten-Takt wird auch heute in der HVZ gefahren, wird aber vom RMV und den lokalen Nahverkehrsgesellschaften seit RMV-Gründung nicht durchgehend bestellt.
Leider haben RMV, DADINA und die Lokale Nahverkehrsgesellschaft Groß-Gerau wieder eine Chance vertan, um die Ost-West-Verbindung auf der Schiene als leistungsfähige Alternative zum Pkw und zu weiteren Umgehungsstraßen an der B26 aufzuwerten.
PRO BAHN begrüßt die angekündigten punktuelle Erweiterungen des 30-Minuten-Taktes.
Sinnvoller ist aber der gestufte Ausbau:
Erst umrüsten, dann 4 Wagen-Züge, dann Stundentakt am Sonntag, dann 30-Minuten-Takt auf der gesamten Strecke mit RB/RE im Wechsel.
So sieht eine schnelle Lösung im Sinne der Fahrgäste aus!

