Bauen und Wohnen, Seeheim-Jugenheim

Eröffnet wurde das Sommerfest des Jugendhauses in Malchen mit einer Rede der Leitung. Foto: Stefan Oelsner
20. Oktober 2013 

Raum mit Respekt für Reifungsprozess

Der Verein für Kinderhauserziehung e.V. feierte mit einem Sommerfest den Abschluss grundlegender Umbaumaßnamen der Malchener Einrichtung

MALCHEN, Oktober 2013 (pem), Raumoptimierung, Quadratmeterzuwachs und Helligkeitseffekt, ökologische Einbettung der Gebäudever- und Entsorgungssysteme stellten architektonische Herausforderungen dar. Das Ziel lag darin, die Lebensqualität zu steigern.

Nach der zum Teil mit erheblichen Schwierigkeiten behafteten Umbauphase hat sich das Jugendhaus Malchen zu einem behaglichen Domizil gewandelt. Mit einfühlsamem Sachverstand, Ausdauer und kompetentem Ideenreichtum gelang es dem Architekten Florian Lang und seinen Mitarbeitern, dieses Ambiente zu gestalten.

Damit ist ein angemessener Rahmen geschaffen, in dem die pädagogischen Konzepte des Vereins umgesetzt werden und 16 Jugendliche in drei Wohneinheiten ihren Lebensmittelpunkt finden. Die einschränkende und konzentrierte Wohnsituation während der Renovierung machte deutlich spürbar, welche enorme Rolle die Umgebung für das Zusammenleben spielt. „Mit der Zeit stieg durch die Enge das Spannungspotential der Bewohner spürbar an“, konstatiert Gudrun Krebs, die pädagogische Leiterin des Vereins für Kinderhauserziehung. Umso größer die Freude der Jungen und Mädchen über die Bezugsfertigkeit.

Aus düsteren Dachkemenaten wurden freundlich helle, ansprechend möblierte Jugendzimmer. Sich in den vier Wänden wohl zu fühlen und zur Ruhe zu kommen, ist keine Selbstverständlichkeit, aber äußerste Notwendigkeit für alle Bewohner.

„Jeder zieht hier mit einer langen, schmerzlichen und ganz eigenen Problemgeschichte ein“, gibt Gudrun Krebs zu bedenken. „Kinder aus unterschiedlichsten Nationen finden Aufnahme, so dass es oft gilt, einen Kulturschock zu vermeiden oder zu bewältigen. Afghanistan, Indien und Nigeria sind zurzeit die Herkunftsländer aus denen viele auch gezeichnet von traumatisierenden Flüchtlingsschicksalen zu uns kommen.“ Das Jugendamt führt den „In-Obhutnahme-Plätzen“ der Einrichtung ebenso solche Jugendliche zu, deren Verbleib in der eigenen Familie einer positiven Entwicklung ihrer Persönlichkeit entgegen stünde. Am Anfang jedes Aufenthaltes steht ein umfassendes „Hilfeplangespräch“ zwischen allen beteiligten Vertretern der Ämter, der Einrichtung und dem Familienkreis, bei dem Ziele und Vorgehensweisen individuell verabredet werden.

Eine stattliche Zahl Malchener Bürger fanden sich ein, um sich mit den Bewohnern zu freuen und bei den Hausführungen interessiert die Neuerungen in Augenschein zu nehmen. Der Besuch sollte zugleich ein Signal guter Nachbarschaft vermitteln. Wer in Malchen wohnt, soll den Malchenern willkommen sein! Viele anerkennende Grußworte sowie gute Wünsche von Gemeinde- und Kreisebene nahm das Jugendhaus gerne entgegen. Otto Weber, der Leiter des Jugendamtes Darmstad-Dieburg, gab seiner Freude besonderen Ausdruck. Aufgrund seiner langjährigen Verbindung zum Haus, dessen Trägerwechsel er begleitete, weiß er den Wert der Investition in die Baumaßnahme bestens zu schätzen.

Das 1948 errichtete Gebäude hat gewonnen an Licht, Offenheit und Großzügigkeit. Damit spiegelt der Raum geradezu das Verwaltungs- und Betreuungskonzept der Einrichtung. In der flachen Hierarchie, in der auch Jugendliche eine Stimme haben, prägen Vernetzung und Transparenz die Kommunikation. „Wir leben unsere Leitfäden“, versichert Gudrun Krebs. Innerhalb des Vereins wirtschaftet jedes der insgesamt vier Häuser mit seinem Etat eigenverantwortlich, um den Rund-um die Uhr-Betrieb aufrecht zu halten. An den 9-köpfigen Mitarbeiterstab unter der Teamleitung von Torsten Keil stellt der anspruchsvolle Dienst hohe Anforderungen an Belastbarkeit und pragmatischer Professionalität ebenso, wie an Sensibilität und Empathie. Verselbständigung der jungen Menschen ist das erklärte Ziel, das Haus will sie auf den Weg bringen. Auch dabei dienen bauliche Details.

Küche und Waschküche bereiten auf autonomes Haushalten vor. Die Übung von Distanz und Nähe ermöglicht der Gemeinschaftsraum. Man kann sein Einzelzimmer verlassen, um in der „guten Stube“, ausgestattet mit Fernseher oder PC-Platz, andere Bewohner zu treffen. Es war weniger der sportliche Aspekt, sondern das Deeskalationskonzept, das die Einrichtung eines Boxraums inspirierte. Aggressionen können oft nicht verbal ausgedrückt werden und lassen sich auf diese Weise zu einer „Ventilaktion“ kanalisieren.

Jeder in Kinder angelegte Euro ist eine gute Investition in eine bessere Welt von morgen. Im Jugendhaus spürt man darüber hinaus, mit welchem zuversichtlichen Engagement alle für und an einer wertschätzenden Gesellschaft und einer humanen Zukunft arbeiten. Stellvertretend für alle Bewohner sagte zum Abschluss des Festes Paul aus Nigeria auf seine Art Danke: mit einem ansteckend lebensfreudigen, peppigen Rapp packte er alle Anwesenden.