Und es dröhnen die Motoren!
Ried-Ring-Revival erinnert an die große Rennvergangenheit Lorschs
LORSCH, Juli 2014 (meli), „Am 31. Mai war das 5. Ried-Ring-Rennen. Ganz Lorsch war aus dem Häuschen“, schrieb die 10-jährige Ursel 1953 in ihr Aufsatzheft. „Es gab ein dichtes Gedränge um die Rennbahn. Die Rennfahrer flitzten in rasender Fahrt vorüber.“ Was das damals kleine Mädchen offensichtlich beeindruckte, zog in den frühen 1950er Jahren bis zu weitere 30 000 Menschen den Bann: Das legendäre Nachwuchsrennen für Motorräder auf damals Deutschlands „heimlicher Rennstrecke Nummer 1“, wie die Expertinnen und Experten vom Deutschen Motorsport Verband DMV wissen.
Jetzt hat man sich auf die große Tradition besonnen: Anlässlich des 1250. Gründungsjubiläums Lorschs erinnert man auf der historischen Rennstrecke mit dem „Ried-Ring-Revival“, einem eintägigen Präsentationslauf, an die Motorsportveranstaltung. Initiiert vom KULTour-Amt der Stadt Lorsch, konnte man den außerordentlich versierten DMV gemeinsam mit dem Veteranen Fahrzeug Verband VFV für die Durchführung gewinnen.
Die Ankündigung des Ried-Ring-Revival sprach sich in Motorsportkreisen wie ein Lauffeuer herum. Für die Präsentationsläufe sind nur Maschinen bis Baujahr 1965 zugelassen. Das Starterfeld ist so groß, dass die Obergrenze der Veranstaltung mit 135 Fahrern schon seit einigen Wochen erreicht ist. „Wir konnten wirklich unter den Interessantesten auswählen“, so Iris Bonow, Referentin für historischen Motorradsport beim DMV. Das ganze Feld ist in sechs unterschiedliche Klassen aufgeteilt. In der Antikklasse fährt mit einem Motorrad der Neckarsulmer Fahrrad-Werke Baujahr 1902 die älteste Maschine. „Die Sache ist nichts für empfindliche Ohren“, schmunzelt die Expertin: „Bis 120 Dezibel werden da schon mal erreicht!“
„Das Ganze ist natürlich kein Rennen“, weiß Heike Schüssler, Leiterin der Streckensicherung, die selbst einer Rennfahrerfamilie entstammt. „Nach dem Unglück von Le Mans 1954 kam das Aus für alle Rennstrecken innerhalb von Ortschaften oder Städten. Die technischen Auflagen wurden unbezahlbar.“ Auch der Ried-Ring wurde danach als Rennstrecke aufgegeben.
Für Lorsch bedeutet aber auch der eintägige Präsentationslauf jede Menge Sicherungsmaßnahmen. Über 150 Helfer, Streckenwarte, Feuerwehr, Rettungsdienste und ein interner Organisationsstab von zwanzig Experten sichern das Ereignis nach allen denkbaren Richtungen. Eine liebevoll zusammengetragene Ausstellung auf dem Renn-Areal gibt Einblick in die große Motorsport-Vergangenheit der südhessischen Gemeinde. U.a. wird auch die NSU-Rennfox des Deutschen Juniorenmeisters 1955 Gerhard Mitterer zu bestaunen sein. Mitterer fuhr und siegte damit auch in Lorsch. Mit Edgar Schmitt ist ein Sohn des eigentlichen „Erfinders“ des Ried-Ring-Rennens“, Peter Schmitt, anwesend.
Auch in der Bevölkerung wird der 20. Juli mit Spannung erwartet. Viele erinnern sich noch sehr gut an das siebenmalige Lorscher Großereignis auf der „kleinen Avus“, wie die Rennstrecke wegen ihres Verlaufes hieß. Auch etliche ehemalige Rennfahrer werden am Ried-Ring-Revival teilnehmen. „Man bekommt Gänsehaut, wenn man die Geschichten der alten Fahrer hört, die noch leben“, berichtet Heike Schüssler. „Mit Hubert Luttenberger kommt sogar einer der Gewinner des Ried-Ring-Rennens von 1950 nach Lorsch!“
Ob auch der kommt, der damals im Haus der kleinen Ursel übernachtete? Denn damals bot die Bevölkerung den Motorsportlern Quartier. “Als das Rennen um 5 Uhr aus war“, berichtete die kleine Chronistin begeistert, „hatte tatsächlich unser Rennfahrer den Sieg!“ Und weiter: „Nun freuen wir und schon auf das nächste Rennen und hoffen, dass unser Rennfahrer wieder Sieger wird.“ Auch wenn es 2014 kein Rennen ist: Prämierungen wird es auch am 20. Juli geben. Und zwar um 17.30 Uhr auf der Festwiese zu Füßen des UNESCO-Welterbes.

