Seeheim-Jugenheim

Auf die Einweihung ihres neuen Backhauses freuen sich alle Stettbacher sowie die Initiatoren und Bauherren rund um Ralf Steinmetz (3. v. re. und oben, Vorsitzender des Feuerwehrvereins). Foto: soe
18. April 2021 

Vorheizen für‘s Jubiläum: Ein Backhaus für „Stiwwisch“

Bauprojekt in Stettbach auf der Zielgeraden | Eröffnungsfeier für Ende Juni geplant

STETTBACH, April 2021 (pes), Der Rohbau steht. Und auch der Ofen, der dem Projekt seinen Namen gibt, ist funktionsfähig. Jetzt wird buchstäblich vorgeheizt für die große Eröffnung, die Ende Juni stattfinden soll.

Es ist ein lokales Zukunftsprojekt für den Ortsteil, das die Dorfgemeinschaft stärken und Tradition mit Moderne vereinen soll: das neue Backhaus in Stettbach. Platziert an der gleichen Stelle, wo bereits bis Mitte der 1950er Jahre über hundert Jahre lang das historische Vorbild gestanden hatte.

Aus der spontanen Idee einiger Bewohner, ein solches Gebäude zu reanimieren, hatte sich bald ein ambitioniertes Vorhaben entwickelt. Und schon auf den ersten Metern wurde deutlich, wie das Gemeinschaftsprojekt die Menschen im Ort zusammenschweißt: die Unterstützung und Solidarität war von Beginn an spürbar. Schon jetzt gilt das Backhaus als gesellschaftlicher Schmelztiegel mit dem Potenzial, die Bürger zu motivieren und zu vereinen.

Jetzt geht es in die finale Phase. Wenn auch mit Verspätung. Denn eigentlich sollte das prominente Bauvorhaben bereits zur 600-Jahr-Feier des 150-Seelen-Ortes im vergangenen Jahr fertig sein. Die Corona-Pandemie hatte der Planung einen Strich durch die Rechnung gemacht. Nun soll das Jubiläum gebührend nachgefeiert werden. Allerdings im kleinen Rahmen. Das Virus definiert auch hier die Grenzen.

Federführend war und ist der Feuerwehrverein, der sich seit einer Satzungsänderung 2014 auch die Förderung der örtlichen Kultur und Dorfgemeinschaft auf die Fahnen geschrieben hat. Das Backhaus ist eine Art Jubiläumsgeschenk, das die Gemeinde noch attraktiver machen wird, ist der Vorsitzende Ralf Steinmetz überzeugt. Für ihn und seine Mitstreiter ist der Bau eine Herzensangelegenheit.

Das Häuschen steht auf gemeindeeigenem Boden, die Kommune ist Bauherr. Finanziert wird das öffentliche Projekt fast ausschließlich über Spenden und Sponsoren sowie über beantragte Landesfördermittel in Höhe von gut 58.000 Euro. Der Gemeindehaushalt sollte durch den Bau so wenig wie möglich belastet werden. Das war auch die Vorgabe aus dem Rathaus, wo man von dem Vorhaben gleich angetan war. Auch im Amt für Dorf- und Regionalentwicklung des Landkreises wurde das Konzept positiv beurteilt. Am 3. Oktober 2020 fand der symbolische erste Spatenstich statt. Die Gesamtkosten betragen gut 115.000 Euro. Zur Fertigstellung des Hauses werden weitere Zuwendungen benötigt, so Steinmetz. Im Februar hatte sich auch der Jugenheimer Gewerbeverein mit 500 Euro beteiligt.

Für die Planung ist Caroline Forthuber zuständig. Sie gehört ebenfalls zu den Motoren des Projekts. Die Architektin hat den schmucken und nach allen Seiten offenen Bau entworfen, der in seiner einladenden Form als Treffpunkt, Rastplatz und Anziehungspunkt dienen soll. Durch die Nutzung von regionalen und authentischen Baumaterialien wie Tonziegeln und Bruchsteinmauerwerk fügt sich die Architektur harmonisch in das Ortsbild ein. Über die genaue Gestaltung der Außenfassade wird derzeit noch diskutiert. Unter dem Holzgiebel soll einmal im Monat gemeinsam Brot gebacken werden. Der schwere und rund 1,70 Meter tiefe Ofen ist bereits eingebaut.

Aber nicht nur sozial, sondern auch optisch ist das Backhaus ein Gewinn für „Stiwwich“, wie der Ort von den Einheimischen genannt wird. Es steht genau an der zentralen Straßengabelung, die lange Zeit – und wenig repräsentativ – als Müllsammelplatz genutzt wurde. Doch die Stelle in direkter Nachbarschaft denkmalgeschützter Anlagen war schon immer ein kommunikativer Dreh- und Angelpunkt des Dorfes. Die Hauptstraße führt direkt auf diesen exponierten Punkt zu, der eine wichtige Blickachse darstellt und das Ortsbild so erheblich prägt. Auch die Backhäuser selbst waren früher ein sozialer Mittelpunkt und elementarer Bestandteil zur Förderung des dörflichen Zusammenhalts. Auf diese Funktion will man jetzt wieder stärker Bezug nehmen. Vor dem Haus, das etwa fünf auf fünf Meter misst, sollen bald Tische und Bänke stehen. Die

Dorfgemeinschaftsgruppe wird sich um das Innenleben und den Betrieb kümmern. Ein Frischwasserspender soll Wanderern und Radlern an einem touristisch relevanten Platz kühles Nass bieten. Ralf Steinmetz sieht das Projekt auf der Zielgeraden. Er hofft, dass die kleine Eröffnungsfeier Ende Juni in Anbetracht der Umstände nicht gefährdet ist. Denn in Stettbach entsteht nicht weniger als ein nostalgisch angehauchter Hot-Spot der Dorfgemeinschaft mit hohem Identifikationspotenzial. Egal, ob der Ofen gerade glüht oder nicht.