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Die Bügelfrau, eine fiktive Figur Zwingenbergs, wird verkörpert von Valeria Christ (mi). Foto: soe
31. August 2025 

Zwingenberg wie‘s früher war

Interessante und amüsante Einblicke gibt die Bügelfrau bei ihren historischen Führungen durch die Stadt

ZWINGENBERG, August 2025 (miri), Zwingenberg erleben wie es früher war, das ist bei einer Führung durch den Ort mit Valeria Christ möglich. In der Rolle der „Bügelfrau“, einer fiktiven Figur von damals, leitet sie Gruppen durch die Stadt. Veranstaltet wird die Tour vom Geschichtsverein Zwingenberg. Das Waschweib kennt die Geschichte Zwingenbergs aus Erzählungen in den Badstuben, Gasthäusern und von den Märkten. Von ihr erfahren Gäste Klatsch und Tratsch über adelige und arme Zwingenberger.

„Endlich kommt das Frühjahr hier in Zwingenberg an. Wir sind ganz aufgeregt, denn bald erreichen uns die ersten Störche“, erklärt Valeria Christ im Gewand mit Schürze und Kopftuch am Anfang ihrer Führung. Die Gruppe schart sich um sie und ist ganz Ohr, denn jeder möchte erfahren, wie es Anfang des 20. Jahrhunderts in der kleinen Stadt an der Bergstraße zuging. „Meiner Schwester habe ich gesagt, sie soll nicht so dumm sein, denn es gibt einen Spruch: Wer einen weißen fliegenden Storch sieht, ist fleißig und klug, wer aber einen schwarzen schmutzigen sitzenden Storch sieht, der ist dumm und faul. Meine Schwester hat nun einen schwarzen sitzenden Storch gesehen und das herum erzählt. Das darf man aber niemals. Man sieht immer nur fliegende weiße Störche“, meint sie schmunzelnd.

Die Gruppe lacht und Valeria berichtet weiter von der Zeit, in der im Ort das Vieh geschlachtet und aus dem Blut Blutwurst hergestellt wurde. „Das ist auch eine Zeit der Festivitäten im Jahr, denn es wird mit den Nachbarn gefeiert und getanzt. Ein paar Tage später gibt es die Metzelsupp‘, da kommt die schwarze Brie rein. Das ist ein Geheimrezept, das jede Familie hütet.“

Die Bügelfrau ist laut Valeria Christ eine relativ neue Figur, in deren Rolle sie Gruppen durch Zwingenberg führt. Dabei gibt sie historische Einblicke in den Ort, erzählt Anekdoten, die sich zugetragen haben und erklärt die Rituale der damaligen Bürger. „Bei der Führung geht es darum, einen Einblick zu gewähren, wie es vor 120 Jahren in dem Ort zuging“, sagt sie. Seit vielen einigen Jahren führt sie schon interessierte Bürger und Touristen, durch ihre Wahlheimat.

Ursprünglich stammt die geschichtsinteressierte Valeria aus dem Ruhrgebiet. „2014 bin ich Zwingenbergerin geworden. Nach und nach habe ich die Zwingenberger Chronik gelesen und habe ich mich schlau gemacht und möchte diese Informationen nun weitergeben.

„Die Bügelfrau gab es in Wirklichkeit in Zwingenberg nicht, die Stadt war viel zu arm, als dass sich die Bürger Bedienstete hätten leisten können und auch die Tracht ist nicht ganz typisch,“ erklärt Valerie Christ. „Ich habe mit einer Freundin recherchiert und die Tracht in die damalige Zeit adaptiert, so ähnlich könnte sie ausgesehen haben.“

Langsam zieht die Gruppe weiter, von der historischen Scheuergasse, in der sich auch das Heimatmuseum befindet, führt der Weg in Richtung einer sogenannten gebannten Herberge, einer verpachteten Unterkunft außerhalb der Stadtmauern.

Halt gemacht wird auch an der Kreuzung von Ober- und Untergasse und am ersten Marktplatz Zwingenbergs. Valeria erzählt währenddessen von Wanderungen am ersten Mai und Feiern am Orbit, einem Platz mit Blick über den Rheingraben. Es geht weiter in die Stadt und Christ berichtet von der Hofapotheke, den Schulen und vieles mehr. Dann heißt es, mit Schwung den Berg hinaufgehen. Bei den Walbrunnern gibt es eine Stärkung: Valeria Christs selbstgebackene Plätzchen, dabei erzählt sich auch von ihrer fiktiven Familie. Die Gruppe lacht und freut sich. Eine Pause gibt es schließlich unter der alten Linde vor der Bergkirche hoch über dem Ort.

Die Kirche wurde 1254 von den Katzenelnbogenern errichtet, wie die Bügelfrau berichtet. An einem Seiteneingang macht sie auf mehrere tiefe Rillen im Bundsandsteinrahmen aufmerksam. „Man sagt, die Katzenellnbogenern haben jedes Mal, wenn sie durch diese Tür die Kirche betreten haben, mit dem Schwert in die Mauern geritzt. Das sieht man noch heute.“

Nach 90 Minuten endet die Führung vor dem Rathaus. Jeder, der mag kann eine Spende für den Geschichtsverein geben, denn die Veranstaltung ist kostenlos. Neben der historischen Zwingenbergführungen bietet Valeria Christ auch geschichtliche Touren durch Bensheim und rund um das Auerbacher Schloss an.

Weitere Infos gibt unter http://bergstrasse-erleben.eu/ oder der Tourist Info Bensheim oder dem Geschichtsverein Zwingenberg.
Die nächste Führung mit der Bügelfrau findet am 12. Oktober statt. Treffpunkt: 16 Uhr vor dem Museum in der Scheuergasse.