Alsbach-Hähnlein, Sport

Die Deutschen Meister im Vierer-Kunstradfahren von 1966 (v.l.) Walter Schaaf, Dieter Gräff, Helmut Nickel, Helmut Eisert. Foto: meli
10. März 2023 

100 Jahre Radsport in Hähnlein

Jubiläumsjahr beim RSV „Solidarität“ | Großer Festkommers am 18. März | Viele weitere Veranstaltungen

ALSBACH-HÄHNLEIN, März 2023 (raha), Ein großes Jubiläum gibt es beim Hähnleiner Radsportverein „Solidarität“ in diesem Jahr zu feiern! Seit hundert Jahren wird traditionsreicher Radsport im Ort betrieben. Obwohl der RSV erst 20 Jahre alt ist, kann man doch auf zwei unmittelbare Vorgängervereine zurückblicken: Nachdem es schon vorher Radsport-Interessierte in Hähnlein gab, gründeten im Jahre 1923 ein paar Radsportbegeisterte eine Ortsgruppe des Arbeiter-Rad- und Kraftfahrerbundes (ARKB). Diese reichsweite Vereinigung betrieb in Offenbach mit der Marke „Frisch Auf“ die größte Fahrradfabrik der Welt und konnte so ihre Mitglieder nach genossenschaftlichen Prinzipien kostengünstig mit dem Velo mobilisieren. Ein Auto als Fortbewegungsmittel war damals noch unerschwinglich.

Mit dem Rad wurden fortan gemeinsame Ausfahrten unternommen und erste Kunststücke wie Reigenfahren einstudiert. Als Erkennungszeichen wurde gemeinsame Kleidung angeschafft. Eine Schalmeien-Kapelle entstand ebenfalls in dieser Zeit. Mit der Machtübernahme der Nazis wurde die Solidaritätsbewegung zerschlagen und die Fahrradfabrik Frischauf aufgelöst. Die größtenteils sozialdemokratisch und zum geringeren Teil auch kommunistisch geprägten Vereine wie der ARKB wurden verboten und die Räder konfisziert. Einige mutige Mitglieder der Hähnleiner Radfahrer konnten die Räder auf Dachböden und in Scheunen vor dem Zugriff verstecken, doch das Vereinsleben war für die nächsten Jahre erloschen. Nach dem 2. Weltkrieg wurden auf Initiative der US-Amerikaner wieder Vereine in Deutschland gegründet, allerdings mit der Vorgabe, politische Neutralität zu waren. In Hähnlein entstand 1945 der Sport- und Kulturverein (SKV) und die Radfahrer schlossen sich als Sparte dem SKV an. Der ARKB wurde auch wieder gegründet, musste aber im Laufe der Zeit auf das „A“, das für „Arbeiter“ stand, verzichten. Als Mitglied im nun neuen „RKB“ fuhren die Radfahrer ab Mitte der 50er Jahre des letzten Jahrhunderts zahlreiche Erfolge ein.

Mit Sieglinde und Marianne May hatte man die ersten deutschen Meister im Kunstradfahren im Ort. Nachdem die Beiden 1961 deutsche Vize-Meister wurden, konnten sie 1963 erstmals den Titel nach Hähnlein holen. Am Ortseingang wurden die Zwei von den jubelnden Einwohnern empfangen! Triumphierend wurden die Siegerinnen mit einem Cabrio durch die Dorfstraßen gefahren und an allen Fenstern und Hoftoren war für dieses Ereignis geschmückt. Viele weitere Titel bis weit in die 70er Jahre hinein sollten danach für die Hähnleiner Kunstradfahrer folgen.

Als erfolgreicher Dorfverein konnte man ab 1963 in Eigeninitiative eine Radsporthalle am Marktplatz bauen, die mittlerweile zweimal erweitert wurde.
In den 60er Jahren wurden große Jugendzeltlager auf dem Marktplatz veranstaltet und 1974 begann man mit dem Volksradfahren. Wäre es 2020 nicht wegen Corona ausgefallen, könnte man in diesem Jahr das 50. Jubiläum feiern! Auch das Schlachtfest ist eine feste Institution bei den Radfahrern und besteht ebenfalls schon seit 1974.

In den 70er Jahren begann man, im Ort Altpapier zu sammeln und an Großhändler zu verkaufen um so den Unterhalt der Halle zu sichern. Nach der Gründung des ZAW-Zweckverbandes fiel diese Einnahmequelle weg und man brauchte ein neues Finanzierungsvorhaben. Da bei den Radfahrern zur Weihnachtszeit schon immer gerne Theater gespielt wurde, half dabei der Zufall und die Weihnachtsstücke wurden ab den 90er Jahren öffentlich aufgeführt. Eine mobile Bühne konnte günstig angeschafft werden und mittlerweile ist die Theaterkampagne aus dem Vereinsleben der Radfahrer nicht mehr wegzudenken. Jedes Jahr im November werden seit den 90er Jahren fünf Vorstellungen mit deftigen Schwänken aufgeführt. Ein großer Einschnitt in der Geschichte des Hähnleiner Radsports war die Auflösung des SKV zum Jahresende 2003.

Wie die anderen Sparten auch, musste man sich „neu“ gründen. Bei dieser Gelegenheit verließ man den angestammten aber immer kleiner werdenden Verband des „RKB Solidarität“ und schloss sich dem weitaus größeren BDR (Bund deutscher Radfahrer) an. Die Sportler konnten sich nun auf Bundesebene mit einer Vielzahl von Gleichgesinnten messen. Der Name „Solidarität“ wurde auf vielfachen Wunsch der Mitglieder aber beibehalten. Im diesjährigen Jubiläumsjahr gibt es einen Festkommers am 18. März in der Radfahrerhalle und als Jubiläums-Highlight ein Radball-Weltcup-Turnier am 2. September in der Sport- und Kulturhalle. Der RSV hat als Ausrichter dafür ein Startrecht und sein bestes Radballteam mit Loris und Marvin Conrath darf dabei mitspielen.

Außerdem gibt es natürlich wieder das Volksradfahren am 4. Juni und die Theaterkampagne im November. Dafür wird schon ein Stück von eigenen Leuten entworfen, dass als roten Faden auch die 100 Jahre Radsport in Hähnlein zum Thema haben soll.

Für die Zukunft ist die energetische Sanierung der Radsporthalle geplant, mit neuer Innendecke und integrierter Deckenstrahl-Heizung. So gibt es beim RSV noch jede Menge zu tun und dem Vorstand sowie den zahlreich helfenden Mitgliedern und Freunden des Vereins wird es dabei nicht langweilig.