Alsbach-Hähnlein

Die Nachbarschaft lädt zum neugierigen Erkunden buchstäblich ein: Es gibt Pferdekoppeln und Wiesenflächen, Bienenstöcke und Waldstücke. Ein idealer Raum für das pädagogische Konzept, das dem Anspruch einer ganzheitlich orientierten Umwelt- und Naturbildung folgt. Foto: ewi
26. Dezember 2023 

Alles im grünen Bereich: Elementare Lern-Abenteuer im Freien

Naturgruppe der Kita Sandwiese hat ihr Domizil auf dem Sportplatz Hähnlein bezogen

ALSBACH-HÄHNLEIN, Dezember 2023 (tt), Was für ein Timing: kurz nach dem ersten Spatenstich für die Erweiterung der Kita Sandwiese ist im Frühjahr auch der Bauwagen für die Naturgruppe der Einrichtung eingetroffen. Nach einer Zwischenstation bei der Freiwilligen Feuerwehr Hähnlein und den Vorbereitungsarbeiten am künftigen Standort konnte die grüne Außenstelle am 1. Juli geöffnet werden. Das Abenteuer hat begonnen.

Die schmucke Holzkonstruktion bietet Platz für bis zu 20 Kinder im Alter von drei bis sechs Jahren, die auf dem Sportplatz Hähnlein elementare Lernerlebnisse in der freien Natur genießen. Ein Dutzend Mädchen und Jungen sind bereits dabei, weitere sollen folgen, wie Erzieherin Elke Schröter mitteilt. Gemeinsam mit ihren Kolleginnen Petra Petrone und Gisela Muñoz begleitet sie die Kinder auf ihren Forschungstouren durch die Umgebung. Die Nachbarschaft lädt zum neugierigen Erkunden buchstäblich ein: es gibt Pferdekoppeln und Wiesenflächen, Bienenstöcke und Waldstücke. Die Fasanenlache mit dem „Lernort Natur“ und die Gänsweide sind nah. Ein idealer Raum für das pädagogische Konzept, das dem Anspruch einer ganzheitlich orientierten Umwelt- und Naturbildung folgt.

Motto: Man schützt nur, was man liebt. Und man kann nur lieben, was man kennt. Am besten aus allernächster Nähe. Direkte Konfrontationen mit der Ökologie und der heimischen Artenvielfalt schärfen die Sinne kleiner Menschen und prägen sie für immer. Es geht darum, Verantwortung zu übernehmen, Jahreszeiten aktiv zu erleben und Veränderungen sinnlich wahrzunehmen.

Die Naturgruppe bewegt sich absichtlich abseits bequemer Strukturen: täglich geht es raus aus der Komfortzone, um die Welt in all ihrer Dynamik und Spontanität zu erfahren. Auf unebenem Gelände werden Beweglichkeit, Ausdauer, Geschicklichkeit und Koordination trainiert – ganz „nebenbei“ werden natürliche Automatismen geübt, die eine motorische Reife bewirken, auf der wiederum jede geistige Entfaltung basiert. Das klingt vorzüglich – ist es aber auch. Im Innern des Bauwagens gibt es wenig Spielzeug. Das spärlich vorhandene Unterhaltungs-Equipment ist nur für kurze Überbrüc-kungsphasen gedacht: während der Ankommens- und Abholphasen zum Beispiel. Ansonsten sind die Kinder gefordert, natürlichen Dingen eine Bedeutung zu schenken und sie als Mittel zum spielerischen lernen und verstehen zu gebrauchen. Im Kollektiv geht es hinaus auf Feld, Wald und Wiese. Das Wetter gibt nicht den Takt vor, bestenfalls die Kleidung. Der Regen ist ein Spielkamerad, das Toben in Pfützen keine gesundheitliche Bedrohung, sondern ein lebendiger Dialog mit den Elementen der Natur. Aus Ästen werden Open-air-Sofas oder Tipis gebaut. In der Gemeinschaft erleben junge Menschen, was man mit gegenseitiger Hilfe alles bewirken und bewegen kann. Teamgeist statt Egoismus.

Beobachten, Nachdenken und Handeln: ein Dreiklang, der den kognitiven Bedürfnissen von Heranwachsenden entspricht, wie Elke Schröter bestätigt. Der Tagesablauf richtet sich nach den äußeren Verhältnissen, ist aber nach innen einer lockeren Ordnung untergeordnet. Zwischen acht und neun Uhr kommen die Kinder an, es folgt ein gemeinsames Frühstück am Platz. Meistens an den Holztischen vor dem Bauwagen, die von einem harmonisch gestalteten Vordach schützend behütet werden. Bei diesem Morgenkreis wird der Tagesablauf besprochen und das, was man erreichen oder umsetzen möchte. Ab zehn Uhr geht es hinaus, mit einer Vesper im Gepäck und der richtigen Kleidung auf dem Leib. Nur, wenn die Natur ganz wild unterwegs ist, wird das Essen am Standort geknabbert. Gegen 14 Uhr werden die Kinder abgeholt.

„Wir möchten Lösungskompetenzen vermitteln und die Kinder zur Selbstständigkeit erziehen“, so Elke Schröter, die sich im Team unter der Kita-Leiterin Kathrin Puntschuh sehr wohl fühlt. Beim Tag der offenen Tür Ende Oktober haben Besucher die entspannte Atmosphäre und das schlüssige Konzept ein Stück weit selbst miterleben können. Auch ohne kindliche Protagonisten. Das offene Haus bot wertvolle Einblicke für Eltern, die für ihren Nachwuchs eine Einrichtung ins Auge fassen, die Mensch und Natur als Einheit versteht. „In der Natur ist all das vorhanden, was Kinder für eine gesunde Entwicklung brauchen“, betont die Erzieherin. Und sie sei vor allem eins: nicht planbar. So wie die Welt als Ganzes keiner linearen Dramaturgie folgt. Genau darin liegen der Reiz, die Qualität und die Faszination dieser Natur-Kita. Eine Bereicherung für die Gemeinde. Mit Betonung auf „reich“.