Bickenbacher Männerkochgruppe wetzte erneut die Messer
Blick über den Tellerrand: Dänemark in vier Gängen
BICKENBACH, Oktober 2025 (mg/ohl), Die dänische Küche ist herzhaft und deftig. Eine genussreiche Mischung aus Bodenständigkeit und nordischer Raffinesse. Ganz berühmt ist Smørrebrød – Dänemarks Antwort auf das perfekte belegte Brötchen. Die Tradition, delikates Roggenbrot etwa mit Lachs oder Ei zu belegen, stammt noch aus der Wikingerzeit, als die Konservierung von Fisch und Fleisch für die Menschen überlebenswichtig war. „Der Mann lebt nicht vom Brot allein“ lautet allerdings das Motto der Bickenbacher Männerkochgruppe, die sich seit 2019 regelmäßig zum kulinarischen Experimentieren trifft.
Keine kriegerischen Seefahrer, vielmehr kommunikativ offensive Hobbyköche und sensorisch erprobte Eroberer mit internationalem Weitblick und neugierigen Zungen, die sich unter dem Dach der evangelischen Kirchengemeinde formiert haben und vor fünf Jahren in der Küche der Alsbacher Melibokusschule ein ideales Terrain gefunden haben. Gekocht wird nach thematischen Vorgaben: nachdem die Herren – alle zwischen 45 und 81 Jahre alt – einige Spezialitäten quer durch sämtliche Bundesländer serviert hatten, reicht der Blick seither über den deutschen Tellerrand hinaus.
Auf Kochbücher allein wollte Mann sich aber nicht verlassen. Im Vorfeld wurde daher das dänische Fremdenverkehrsamt kontaktiert, um länderspezifische Gerichte in Erfahrung zu bringen und die kulinarische Perspektive der Einheimischen auszuleuchten. Die Reaktion: neben dänischen Speisetipps auch T-Shirts mit Dänemark-Logo. Für die 15-köpfige Gruppe, die sich einmal im Monat trifft, war die 41. Etappe der Küchenrallye auch ein Stück Völkerverständigung auf die genussvolle Tour.
Nach der liebevoll garnierten Ouvertüre, ein feiner „Gruß aus der Küche“, wurde als Vorspeise Kartoffelbrei mit Speck und gerösteten Zwiebeln zubereitet. Nach einem Süppchen folgte als Hauptgang Schweinefleisch mit Petersiliensoße. Für die mit Pfannen, Töpfen und Kochmessern bewaffneten Neuzeit-Nordmänner eine neue Herausforderung, der sie sich mit Lust und Leidenschaft gestellt haben.
Mitmachen kann jeder, vom Anfänger bis zum erfahrenen Hobbykoch. In der Küche gibt es so viele Jobs, dass für jeden etwas Passendes dabei ist.
Das gemeinsame Essen an der langen Tafel besitzt – ebenso wie der Prozess dorthin – auch eine hohe soziale Komponente, die für die Männer ebenso wichtig ist wie Kartoffelschälen und Zwiebelschneiden. „Wir haben in der Gemeinde ein Angebot nur für Männer gesucht“, berichtet Burkhard Merg. „Die angebotenen Aktivitäten dort sind nämlich sehr frauenlastig“, so der Initiator der Männerkochgruppe.
2019 startete das Angebot zunächst im Gemeindehaus der Kirchengemeinde, dann wechselte man ins Bickenbacher Bürgerhaus. „Beide Küchen haben aber nicht ganz zu unseren Bedürfnissen gepasst, wir sind schnell an unsere Kapazitätsgrenzen geraten“, so Merg weiter. Und weil Teilnehmer die Küche in der Alsbacher Melibokusschule von ihren Kindern kannten, wurden – sozusagen auf „kurzem Dienstweg“ – mit der Schulleitung Nägel mit Köpfen gemacht. Dort stießen die Herren sofort auf offene Ohren. Doch die Startphase hatte auch mit Hürden zu kämpfen. Die Covid-Pandemie bremste das Küchenprojekt nachhaltig aus, zudem wurde die Küche damals saniert. Doch die Männer blieben am Ball und brutzelten tapfer weiter, als die Zeiten wieder besser wurden.
Im Gegenzug für die Möglichkeit der Küchennutzung wurden seither immer wieder auch schulische Veranstaltungen unterstützt. Teilweise wurden von den regelmäßigen Untermietern bereits bis zu 70 Personen bekocht. Aber auch die Kirchengemeinde Bickenbach profitiert von ihrer hausgemachten Initiative. Man servierte schon Frankfurter Grüne Soße am Gründonnerstag für 60 Gäste. Zum Erntedankfest wurden Gemüsesuppe und Hefekuchen gereicht, erzählt Roderic Bechert von den gutgelaunten Schürzenträgern.
„Für andere zu kochen macht uns genauso viel Spaß“, betont auch Burkhard Merg. Daher gibt es einmal im Jahr, immer in der Weihnachtszeit, einen Kochabend in der Schule, zu dem die Ehefrauen und Partnerinnen eingeladen sind. „Während die Frauen sich unterhalten, kochen wir das Menü, danach wird zusammen gegessen.“ Was auf den Tisch kommt, ist meistens regional oder national gefärbt. Aber nicht nur.
„Wir hatten auch schon Farbthemen, bei denen alles rot oder grün sein musste“, erinnert sich Roderic Bechert. Man folge dabei immer dem Anspruch, dass man die Rezepte zuhause nachkochen kann, „ohne das erst einmal zehn Gewürze neu gekauft werden müssen“.
Von allen Terminen werden die Rezepte gesammelt. Auf diese Weise wird das Repertoire konserviert und nebenbei auch die Historie der Gruppe dokumentiert. „Unsere Fischfrikadellen sind sicher eines der am meisten nachgekochten Rezepte“, so Roderic Bechert über einen internen Klassiker und Evergreen.
Die Atmosphäre in der Großküche ist entspannt. Es läuft flüssig, aber unhektisch „Wir kommen meistens erst um 23 Uhr hier raus“, lächelt Bechert. Als Dessert gibt es diesmal einen klassischen Apfelkuchen im Glas. Danach hieß es dann „god appetit“ oder „velbekomme“, wie der Däne sagen würde.
Die nächste Station der kulinarischen Tournee à la Bickenbach ist kein geografischer Trip, sondern eine nostalgische Zeitreise: man erinnert an den Schauspieler Clemens Wilmenrod, der ab 1953 als erster deutscher Fernsehkoch berühmt wurde. Er gilt als Erfinder des Toast Hawaii und der mit einer schlichten Mandel gefüllten Erdbeere.
Für die Männerkochgruppe eine weitere Herausforderung, die man wie immer mit Spaß, Leidenschaft und offenem kulinarischen Visier bewältigen wird.