Essen und Trinken, Kreis Bergstrasse

Corona macht´s möglich: Architekturstudent Marco tauschte den Zeichenstift gegen das Spargelmesser. „Es ist zwar harte Arbeit, die aber trotzdem Laune macht.“ Foto: meli
31. Mai 2020 

Eine ganz neue Erfahrung

Architektur-Student Marco aus Darmstadt berichtet von seiner Arbeit als Erntehelfer auf einem Spargelfeld bei Weiterstadt

DARMSTADT, Mai 2020 (mar), Eigentlich war mein Plan in einem Architekturbüro in Darmstadt als Werkstudent anzufangen nachdem ich aus meinen Auslandssemester in Barcelona zurückkomme.

Doch auf Grund der Corona Krise wurde daraus erstmal leider nichts. Mein Name ist Marco, ich bin 25 Jahre alt und studiere Architektur im Master an der TU Darmstadt. Als klar war, dass ich mein Auslandssemester nicht wie geplant beenden werde, wurde mir auch nach und nach klar, dass ich sehr wahrscheinlich erst einmal nicht als Werkstudent arbeiten kann und so kam es dann auch.

Doch da ich nach meiner zweiwöchigen „Eigenquarantäne“ nicht gänzlich untätig bleiben wollte, war schnell klar, dass ich mir trotz der Krise einen Job suchen werde. So gab es ein paar Ideen meinerseits, wie z.B. mich bei einem Supermarkt oder der Tafel zu bewerben, doch letztendlich war es die Mitbewohnerin meiner Freundin, die mit der Idee zu mir kam, dass wir doch bei einem Bauern in der Region als Spargelstecher anfangen könnten. Diese Idee setzten wir dann sehr schnell in die Tat um und hatten auch schon vier Tage nach unserer Online-Bewerbung über die Plattform „Das Land hilft“ unser Probearbeiten.

Die Arbeit, also das Spargelstechen, war, wie zu erwarten, sehr anstrengend. Doch ich muss sagen, es ist nicht ganz so anstrengend, wie vorher befürchtet, aber auch nicht so einfach wie erhofft.

Wir bekamen eine gute Einweisung, was alles auf dem Hof des Bauern Hamm bei Weiterstadt passiert und natürlich auch wie wir den Spargel richtig stechen und dabei auch die vorgegebenen Hygienemaßnamen einhalten. In der Theorie ist das Spargelstechen recht simpel, man gräbt ein etwa vier Finger tiefes und drei Finger breites Loch um den Spargel, setzt sein Spargelmesser dann am Rand des Loches an und schneidet den Spargel mit einer einzigen Bewegung in etwa 25 cm tief ab. Doch in der Praxis sieht das dann doch ganz anders aus, oft schaut der Spargel gar nicht erst aus dem sogenannten Damm und man muss erst einmal ein Auge dafür entwickeln, wo sich der Spargel unter der Oberfläche versteckt. Auch wächst der Spargel oft nicht gerade, was das Zustechen und Rausholen recht schwierig gestaltet. Und dann ist da noch die Sonne, die ab etwa 11 Uhr eine ganz schöne große Kraft entwickelt.

Doch wie so oft gewöhnt man sich schnell an die Arbeit, die frühe Uhrzeit und die sonst mir ungewohnten Gegebenheiten. Und spätestens um kurz nach 7 Uhr, wenn man quasi ganz alleine auf dem Feld in der Natur steht und die Sonne langsam aufgeht, ist das ein Moment, der einen die ganzen Unannehmlichkeiten schnell vergessen lässt. Auch macht mir die Arbeit an sich immer mehr Spaß, da man Stück für Stück besser wird, man „findet“ den Spargel schneller, man wird schneller und geschickter in seinen Abläufen. Was sich letztendlich in den geernteten Kilos bemerkbar macht.

Spannend sind auch die Geschichten der ganzen anderen Spargelstecher, quasi meiner Kollegen und Kolleginnen, da wirklich niemand vorher auch nur einen Tag Spargel gestochen hat. Die meisten sind tatsächlich so wie ich Studenten, deren normale Nebenjobs in der Krise wegfallen. Viele kommen aber auch aus dem Gastronomiebereich oder der Event- und Hotelleriebanche. Also wirklich aus den Bereichen, die die Coronakrise besonders hart getroffen hat.

Doch auch ein paar schwerwiegendere Schicksale waren dabei, so zum Beispiel das einer jungen Juristin, die in den USA ab April einen neuen Job anfangen wollte, dafür Auto und Wohnung verkauft hat und nun vor einer sehr ungewissen Zukunft steht, wie es weiter geht.

Doch irgendwie nehmen es alle gelassen, keiner meckert über die Arbeit oder beschwert sich. Denn letztendlich sind alle froh, raus zu kommen, einen Beitrag zur Krisenbewältigung beitragen zu können und schlichtweg Arbeit zu haben.