Insekten-Monarchie mit staatstragender Regentin
Honigfest des Fördervereins „Lernort Natur e.V.“ an der Fasanenlache
ALSBACH-HÄHNLEIN, Juni 2023 (tt), Wo genau kommt Honig her? Wie wird er geschleudert und welche Besonderheiten zeichnen ihn aus? Der Förderverein „Lernort Natur e.V.“ konnte beim diesjährigen Honigfest alle Fragen beantworten. Auf dem Vereinsgelände an der Fasanenlache tummelten sich Anfang Juni gut einhundert Gäste, um mehr über die nützlichen Insekten, ihren Lebensraum und ihre ökologische Funktion zu erfahren.
Zwischen dem liebevoll angelegten Lehrpfad und einer offenen Schaubeute – so nennt man den Bienenkasten – luden die Gastgeber auch zum aromatischen Verkosten ein. Über ein Dutzend Sorten standen beim Tasting zum Probieren bereit, was von den neugierigen Besuchern auch gern angenommen wurde. Darunter gewohnt viele Kinder, die auf dem weitläufigen Areal Natur pur erleben können. Prominentes Anliegen des Vereins ist, mit seinen Angeboten vor allem Kindern und Jugendlichen eine ganzheitliche Naturerfahrung zu ermöglichen. Mit Unterstützung des Imkervereins Frankenstein und dem NABU Seeheim-Jugenheim gilt das Honigfest als ein Highlight im Vereinsleben. Die Besucher nahmen viele interessante Einblicke mit nach Hause: man schaute beim Entdeckeln von Waben hinter die Kulissen eines spannenden Mikrokosmos und erfuhr viel über die positiven Eigenschaften des süßen Goldes: neben den variierenden Aromastoffen, die je nach Tracht (die pflanzliche Quelle) unterschiedlich ausfallen, besteht Honig aus wertvollen Vitaminen und Aminosäuren für eine gute Zuckerverwertung und einen reibungslosen Stoffwechsel. Mineralstoffe wie Kalium und Magnesium steuern die Muskel- und Nervenfunktionen des Menschen, während die darin enthaltenen Enzyme eine antibakterielle Wirkung entfalten. Und nicht zuletzt wirken die Säuren und Pollen appetitanregend verdauungsfördernd. Grund genug, den summenden Völkern einmal ein herzliches „Dankeschön“ zu sagen und der weiblichen Monarchie mit ihrer staatstragenden Königin weiterhin viel Glück und Gesundheit zu wünschen.
Zwar geht es der Honigbiene (Apis mellifera) einigermaßen gut. Sie ist nicht vom Aussterben bedroht und lebt in Obhut von Imkern, deren Anzahl in Deutschland in den vergangenen zehn Jahren stetig gewachsen ist. Trotzdem erlitt auch die Honigbiene in letzter Zeit starke Verluste. Etwa durch die Varroa-Milbe, Insektizide oder Nahrungsmangel. Doch im Reich der Wildbienen sind bereits mehr als die Hälfte der 560 Arten gefährdet. Sie helfen ihren Verwandten beim Bestäuben – und gehen auch an Pflanzen, auf denen Honigbienen nicht landen. Und gerade diese oft spezialisierten Bestäuber sind stark bedroht, wie man beim Honigfest ebenfalls erfuhr.
Im derzeit 111 Mitglieder starken Verein sind zwei Naturgruppen für den menschlichen Nachwuchs aktiv: Kinder bis sechs Jahre kommen in den Naturspieltreff, und bei der Naturjugend treffen sich Schüler bis zwölf Jahre. Leiter der Jugendgruppen ist Matthias May. Neben diesen Gruppenangeboten gestaltet „Lernort Natur“ gemeinsam mit Kindergärten, Schulen und unterschiedlichen Berufsgruppen spezielle Lernangebote, die alle auf dem Vereinsgelände um die alte Jagdhütte stattfinden, wie Erster Vorsitzender Christian Haibt erläutert: „Wir freuen uns über jeden, der sich engagieren möchte und gute Ideen einbringt.“
Entstanden war das Projekt im Kiefernwäldchen gerade wegen dieser Hütte, die keine aktuelle Bau-Genehmigung besaß. Der Abriss war vom Kreisbauamt schon beschlossenen Sache, als der damalige Alsbacher Bürgermeister Georg Rausch die Idee hatte, dort einen Lernort zu gründen, den er den Behörden näherbrachte. Auf diese Weise konnte man schließlich die Hütte „legalisieren“. Bau und Grundstück wurden 2008 dem neuen Verein übertragen und konnten somit erhalten werden. Im November 2009 hat der Verein das Areal von der Gemeinde gepachtet. Und auch der Landkreis als Genehmigungsbehörde war zufrieden. Und seither bereichert der gemeinnützige Verein das örtliche Leben mit verschiedenen didaktischen und Naturerlebnis-Projekten für alle Generationen.
Beliebt sind die regelmäßigen Baumschnittkurse und die Vogelstimmenwanderungen. Der Honig spielte von Anfang an eine große Rolle.
Aber auch der Teig spielt in der Fasanenlache eine aromatische Rolle. Mit viel Eigeninitiative und literweise Herzblut haben die Mitglieder vor zwei Jahren einen Holzbackofen gebaut. Open-air versteht sich. Der Ofen kann von Schulklassen, Kitas, Vereinen oder anderen Gruppen zum Pizza- und Brotbacken genutzt werden. Die ersten Versuche waren bisweilen etwas experimentell ausgefallen, so Haibt. Sprich: das Brot deutlich knuspriger als geplant. Schwarz geärgert hatte man sich aber nicht. Dennoch dürfte der jüngste Backtag Ende April nicht als Erfolgsrezept in die Biografie des Vereins eingehen. Es sei überaus anspruchsvoll und bedürfe einiger Versuche, um den Teig bei der richtigen Temperatur auszubacken, so der Vorsitzende. Der Begriff „Lernort“ bezieht sich auf dieser grünen Insel auch aufs Bäckerhandwerk.
Auf dem Gelände gärt ohnehin vieles. Auch Ideen. Fertig sei man nie, so Christian Haibt, der als gelernter Maschinenbauer viel handwerkliches und technisches Know-how in den Verein einbringen kann. Beim Honigfest wurden unter anderen Palettengärten für Balkon und Terrasse aus gewöhnlichen EU-Paletten demonstriert. Zudem konnten sich Besucher über den wachsenden Kräutergarten informieren, der vom Verein gerade angelegt wird. „Den letzten haben die Kaninchen vernichtet“, lacht Haibt. Die Natur kann auch grausam sein, doch der Hunger siegt fast immer.
Appetit auf Natur stand beim Tag der Artenvielfalt auf dem Programm. Gemeinsam mit den Wühlmäusen Malchen und dem NABU Seeheim konnten Gäste Mitte Mai die ganze Vielfalt der Bäume und Holzarten bestaunen, Nisthilfen für Insekten kaufen und die ökologische Bedeutung von Blütenpflanzen entdecken. Außerdem gab es einen gemeinsamen Rundgang durch die Wälder und Wiesen der Umgebung mit vielen Informationen über eine wertvolle Artenvielfalt – und auch darüber, wie man diese Biodiversität dauerhaft erhalten kann. Im nächsten Jahr will man den Tag der Artenvielfalt in den Herbst verlegen, um den Terminkalender des Vereins etwas luftiger zu machen und nicht zu viele Termine in kurzer Zeit anzubieten. Das kostet insgesamt weniger Gäste, ist der Vorsitzende überzeugt. Egal, zu welchem Anlass: der „Lernort Natur“ bleibt eine Oase zum Entdecken und Erforschen der heimischen Fauna und Flora.