Zwingenberg und Rodau

Ulrike Fried-Heufel stellt noch bis Mitte Januar 30 ihrer Arbeiten im Bensheimer Parktheater aus. Foto: tt
21. Dezember 2022 

Kunst und Kultur – diesmal in eigener Sache

Zwingenberger Förderkreis auf Expedition im Bensheimer Parktheater

ZWINGENBERG, Dezember 2022 (tt), „Vier Augen sehen mehr als zwei“ heißt es gemeinhin. „Wie ist es erst dann, wenn eine ganze Gruppe sich einer Ausstellung widmet? Was kann man dabei alles entdecken?“ so Petra Schöppner vom Förderkreis Kunst und Kultur Zwingenberg. Gemeinsame Ausstellungsbesuche waren in den vergangenen Jahren bereits immer wieder ein Teil der Vereinsaktivitäten. Diesmal aber ging es um die Werkschau einer Zwingenberger Künstlerin in Bensheim – und noch dazu um die Vorsitzende des Förderkreises höchstselbst.

Und so lud man zu einer Sonderbesichtigung ins Parktheater ein, wo noch bis Mitte Januar 30 Arbeiten von Ulrike Fried-Heufel zu sehen sind. Eine „Expedition“ in die Nachbarschaft, die am ersten Samstag im November auf reges Interesse gestoßen war. Die Ausstellung mit dem Titel „Initial“ wurde bereits im Mai vor großem Publikum eröffnet. Nun hatten die Gäste die Chance, im Dialog mit der Künstlerin die Bilder zu besprechen und darüber hinaus noch ein paar interessante Details über die Vorbereitung und Ausführung einer solchen Präsentation zu erfahren. Das beginnt bei der Architektur des Raums und endet noch lange nicht bei der thematischen, chronologischen oder ästhetischen Ordnung, was das Hängen der Bilder angeht. Im Gertrud-Eysoldt-Foyer des Parktheaters hat die Künstlerin auch auf die Möblierung und die perspektivischen Möglichkeiten Rücksicht genommen, um das spezielle Potenzial dieser Galerie möglichst optimal ausnutzen zu können, ohne dass die Anordnung überladen wirkt. In Bensheim zeigt Ulrike Fried-Heufel eine kompakte, aber äußert beispielhafte Auswahl ihrer Arbeiten aus den vergangenen vier Jahrzehnten.

Bereits seit Beginn der 70er Jahre war die Künstlerin bei Einzel- und Gruppenausstellungen vertreten, die sie unter anderem nach Spanien und England geführt haben. Sicherlich ein Höhepunkt war die Teilnahme an der Ausstellung „The Essence of Abstraction“ in der New Yorker Agora Gallery im Jahr 2014. Das Bild „Roter Faden“, das in Bensheim zu sehen ist, war damals Teil ihres Ensembles, die in New York mit „German Spirit“ betitelt wurde. Zunächst arbeitet Ulrike Fried-Heufel noch sehr gegenständlich. Später hat die Malerin das Wesen der Dinge in einer reduzierten und auch rein äußerlich schlankeren Form gesucht: die schmalen Figurenbilder und Silhouetten mit ihrer zeichenhaften Symbolik markieren den Beginn einer langen und fruchtbaren Liaison aus Text und Bild. Diese Korrespondenz, eingefangen in collagenartigen Kunstwerken von hoher innerer Dynamik und assoziativer Energie, ist in vielen Werken der Bensheimer Ausstellung erkennbar. Die Worte werden zum integralen Bestandteil, die Figur oder das zentrale Motiv selbst zu einem kalligrafischen Zeichen.

Die Rhythmik der Sprache wird dabei in eine bildhafte Dimension gleichsam übersetzt. Die Arbeiten sind dabei niemals banale Illustrationen eines Textes: zumeist baut Ulrike Fried-Heufel dem Betrachter assoziative Brücken zwischen Literatur und Kunst, die zum intellektuell-visuellen Duell herausfordern. Die fruchtbare Harmonie von Worten, Gedanken und Ausdruck werden zu einer kraftvollen Bild-Text-Collage mit lyrischen Fragmenten. Darunter Texte von Ulla Hahn, die Fried-Heufel zu ihren dynamischen Variationen „Zum Tanz“ motiviert haben.

Geboren in Karlsruhe, hat Ulrike Fried-Heufel ab 1972 an der Mainzer Hochschule für Bildende Künste studiert. Ihre Schwerpunkte waren Malerei, Grafik und Bildhauerei. Das parallele Studium der Kunstgeschichte führte sie noch tiefer in die Materie. Später sind es immer wieder berühmte Frauen der Weltgeschichte, die sie beeinflussen, wie etwa Frida Kahlo oder Maria Ward: zum Jubiläum „400 Jahre Maria Ward Schwestern“ hatte sie die englische Ordensgründerin großformatig porträtiert. Das Motiv war kurz nach seiner Vollendung auch als großes Banner in ganz Deutschland zu sehen.
Darüber hinaus war es immer wieder auch die filigrane Poesie eines Shakespeare oder die dramatisch-sprachgewaltigen Sonette von Andreas Gryphius, die sich zu ihren korrespondierenden Motiven animiert hatte. In ihrem Ausdruck ist sich die Künstlerin bei aller thematischen Vielfalt und technischen Varianz – und trotz der zunehmenden Abstrahierung – stets treu geblieben.

Beim Termin des Förderkreises präsentierte sich die Ausstellung auch inhaltlich etwas überarbeitet. Die Künstlerin hatte einige Werke ausgetauscht – nicht zuletzt aufgrund der gesellschaftlich-politischen Ereignisse der letzten Monate. Die Lage der Frauen im Iran, die von gesetzlicher und gesellschaftlicher Diskriminierung geprägt ist, wird mit dem Bild „my name was Masha A.“ aufgenommen. Es bezieht sich auf die junge Iranerin Masha Amini, die durch brutale Gewalt ums Leben kam. Auch „push back“ konfrontiert den Betrachter mit elementaren humanen Werten wie Menschenwürde und Selbstachtung.

Zur kreativen Biografie der Künstlerin gehört gesellschaftliches und politisches Engagement seit Jahren dazu. Fried-Heufel hatte sich mit zahlreichen Aktionen und Happenings unter anderem für Integration, kulturelle Vielfalt oder Frieden engagiert. Aber auch mit Arbeiten zum Frauenwahlrecht und gegen häusliche Gewalt ist ihre Kunst im öffentlichen Raum bislang schon in Erscheinung getreten.