Bickenbach, Schul-News

Mit Lyrik und Liedern zum Müßiggehen, den Alltag anders wahrzunehmen, ermutigten Jürgen Scherer, Birgit Köhler-Günter und Evia Hirt von der Gruppe „Myriks“ die Zuhörer ihres Konzertes „Die süße Lust des Müßiggangs“ in der Bickenbacher Hans-Quick-Schule. Foto: Stefan Oelsner
20. Oktober 2013 

Musengruß an den Müßiggang

Das Trio Myriks gestaltete einen originellen Benefiz-Kleinkunst-Abend in der Hans-Quick-Schule zugunsten der Schülerbibliothek

BICKENBACH, Oktober 2013 (pem), Kuschelfell, Decken, Kerzenschein – ein paar Requisiten verwandeln die Mensa der Hans-Quick-Schule in ein behagliches Wohnzimmerambiente. Strickjacke und Puschen an, dann endlich „offline“ gehen, so signalisieren auch die drei Akteure ihre Feierabendbereitschaft.

Bei aller entspannten Atmosphäre herrschte seitens der Zuschauer erst einmal neugierige Anspannung, was sich wohl hinter dem seltsamen Namen verberge. Als Personen begrüßte Beate Hunfeld, „Bickenbacher Urgestein“ Brigitte Köhler-Günter, langjährige Wahlheimatbürgerin Evia Hirt und Lehrerkollege Jürgen Scherer. Doch auch für die Schulleiterin klang Myriks nur wie ein geheimnisvolles Zauberwort.

„Nach des Tages Müh und Plag, ich Euch den Müßiggang ansag“, stimmte Jürgen Scherer in seiner Rolle als Vortragskünstler das Publikum auf das Programm ein: „Die süße Lust des Müßiggangs“. Als Evia Hirt gefühlvoll die Hörerschaft mit weichen Tenorsaxophonklängen umschmeichelte, begleitet von Brigitte Köhler-Günters sanft perlenden Klavier erspürt man, dass Myriks für eine harmonische Genremelange aus Musik und Lyrik steht. Wort und Note, Literatur und Lieder zusammengetragen mit Pädagogenfleiß und Kleinkunst-Nonchalance.

Daraus wurden Stunden der Entspannung mi Esprit. Mit humorvoller Leichtigkeit durchschwebt man Jahrhunderte der Wortkünste, lässt sich an die Hand nehmen, um alte Buchbekannte wieder und andere Autoren neu zu entdecken. Jürgen Scherer wird nicht müde, das Kaleidoskop der Gedankensplitter immer wieder zu drehen und dem Begriff des Müßiggangs neue bunte Aspekte abzugewinnen. Ebenso zahlreiche Versuche das Gefühl erfüllter Ruhe, anregender Entspanntheit und träumerischer Visionen in den Raum zu zaubern, unternimmt das klangliche Umspielen des Begriffs. Rhythmen, wie Blues und Samba durchfluten die Seele, Evergreens erwecken Nostalgien, Balladen ergreifen ein Herzwinkelchen. Jeder Besucher wird zum Genießer und lernt vor Ort eine Lektion: „Ich lasse das Leben auf mich niederregnen“, schrieb schon Rachel Varnhagen. So manches gute Wort möchte man sich merken für den Alltagsentspannungsgebrauch. „Wer schafft, ist ein Schuft!“ „Glücklich ist man, wenn man nichts mehr tun muss und frei ist, alles zu tun!“, findet Wiglaf Droste. Didaktisch klug, der Einprägsamkeit halber muss das Publikum selbst aktiv werden, Auserwählte dürfen Aphorismen vorlesen, aber alle zusammen singen das einschwörende Kampflied. „Wehrt Euch, leistet Widerstand! Gegen zu viel Stress in diesem Land! Gönnt euch Ruhepausen!“ Müßiggang ist der erklärte Gegensatz von materieller Produktivität. Entsprechend verzichten die Botschafter des „dolce far niente“ auf pecuniäre Entlohnung. Sie schenken intellektuelle Bereicherung und teilen das Vergnügen mit dem Publikum. Wenn Geld trotzdem eine Rolle spielt, dann nur zu einem guten Zweck und der indirekten Förderung des Müßiggangs.

Jeder applausbekräftigende Euro fließt der Bibliothek zu. Damit im „Lesenest“ weiterhin lange über spannenden Zeilen gegluckt werden kann und neue Ideen auszubrüten sind, muss es neu gepolstert werden. Die Sitzmöbel und Bodenkissen sind erneuerungsbedürftig, dank starker Nutzung. Jürgen Scherer stellt das Bindeglied zum Spendenziel dar. Als früherer Schulamtskollege von Beate Hunfeld, hatte er ihr die Idee einer Schülerbücherei bereits ins Herz gesenkt.

Er selbst verwirklichte sie an der Melibokusschule und seit einigen Jahren freut sich nun auch die Hans-Quick-Schule, dass der Traum der Schulleiterin wahr wurde. Herzlich dankte deshalb das Team der Lesenestbetreuerinnen den Akteuren. Michaela Bur, Filiz Simsek, Nicole Petendra und Martina Riegel-Bart hatten die Gebefreudigkeit ihrerseits noch durch ein Pausenbüffet gefüttert. Auf den Nachhauseweg bekamen all die mit erhabener Entspannung erfüllten Menschen noch die unverbrüchliche Dschungelbuchweisheit des Bären Balu mit als Rat für die Zukunft: „Probier`s mal mit Gemütlichkeit…“.