Neue Konzepte für alte Immobilie gesucht
Studenten der SRH Hochschule Heidelberg entwerfen Zukunftspläne für Zwingenberger Jugendherberge
ZWINGENBERG, September 2021 (tt), Die im vergangenen Jahr geschlossene Jugendherberge Zwingenberg wird weiterhin von ihrem Eigentümer – dem Landesverband Hessen im Deutschen Jugendherbergswerk – auf dem Immobilienmarkt zum Kauf angeboten. Und auch die Stadt Zwingenberg möchte bei der künftigen Nutzung der denkmalgeschützten Immobilie ein Wörtchen mitreden. Ziel ist eine sinnvolle und allgemeinverträgliche Nachnutzung für das Areal an der Langen Schneise. Sozusagen ein Filetstück in attraktiver, aber auch in einer schwierigen Lage nah an einem Wohngebiet. Die örtliche Politik hatte über den Sommer den Kauf des rund 4000 Quadratmeter großen Areals durch die Stadt diskutiert. Voraussichtlich soll Ende September eine Entscheidung fallen. Über die künftige Nutzung ist noch nichts Näheres bekannt. Wahrscheinlich würde es auf eine gemischte Belegung des Komplexes hinauslaufen.
Bereits im Juni wurde auf Vermittlung der Wirtschaftsförderung Bergstraße (WFB) gemeinsam mit der Kommune und der SRH Hochschule Heidelberg ein interdisziplinäres Projekt gestartet, bei dem es genau darum geht: Welches Innenleben wäre theoretisch möglich?
Über mehrere Wochen haben sich 28 Studierende mit einem realen Immobilienprojekt beschäftigt, gemeinsam Nutzungskonzepte entworfen und darauf basierend Projektskizzen und virtuelle Entwurfsplanungen angefertigt, berichtet Professor Christian Meysenburg aus Heidelberg. Als Studiengangsleiter hat er die Initiative von Anfang an eng begleitet. Das Vorhaben wird im Abschlussjahrgang der Fakultät School of Engineering and Architecture in den Bachelor-Studiengängen Architektur und Immobilien und Facility Management durchgeführt. Bei einem Besichtigungstermin vor Ort konnten sich die jungen Leute ein erstes Bild von der ehemaligen Jugendherberge machen, die sich vom östlichen Stadtrand in direkter Nachbarschaft zu den oberhalb der Stadt beginnenden Weinbergen befindet.
Anschließend entwickelten die Studenten in sechs Kleingruppen konkrete Ideen. Ein Praxisseminar mit Wettbewerbscharakter, das von der Hochschule als Studienarbeit auch bewertet wird, wie Meysenburg erklärt. In den Teams ging es unter anderem darum, eine präzise Analyse von Markt und Standort vorzunehmen. Weitere Kriterien waren das örtliche Baurecht, die Konstruktion und das Material sowie ein passgenaues energetisches Konzept, das für den Bau mit seinen bislang 80 Räumen denkbar wäre. Aber auch Baukosten, administrative Details und die dauerhafte Finanzierbarkeit der Immobilie wurden unter die Lupe genommen. Im Juli fand auf dem Campus der Hochschule eine Abschlussveranstaltung samt Präsentation der Ergebnisse und einem Preisgericht statt. In der Jury saßen neben Lehrverantwortlichen der Hochschule Heidelberg, auch der Zwingenberger Bürgermeister Holger Habich und Kathrin Fausel von der Wirtschaftsförderung Bergstraße (Leiterin Standortmarketing). Mit ihren Projektskizzen traten die Gruppen in einem Wettbewerb gegeneinander an. Die ersten drei Plätze wurden mit Sachpreisen belohnt.
Für die Studierenden war die Arbeit an einem real existierenden Bestands-objekt eine komplexe, aber auch sehr praxisnahe Herausforderung. Die Entwürfe zeigen, dass die Projektgruppen nicht allein das Objekt und die baurechtlichen Fragestellungen zu berücksichtigen hatten, sondern auch die Besonderheiten der Region und die Zielsetzungen der Stadt Zwingenberg in die Vorschläge eingearbeitet wurden. Das Ergebnis sollte jeweils eine wirtschaftlich und architektonisch schlüssig hergeleitete Projektentwicklung von der Nutzungsidee bis zur Entwurfsplanung sein, teilt die Hochschule mit. Auch der Bürgermeister sprach bei der Preisverleihung von „sehr spannenden Ideen“. Das mit dem dritten Preis bewertete Team schlägt vor, die Ex-Herberge in ein Hotel mit einer Lounge umzubauen. Ein gelungener Entwurf, so die Bewertung der Professoren. Auch wenn ein Hotel dieser Art aus wirtschaftlichen Gründen schwer umsetzbar sei, beurteilten die Mitglieder des Preisgerichts den Vorschlag als stimmig gestaltet und gut in die Umgebung integriert.
Der zweite Preis ging an eine Gruppe, die aus dem historischen Gebäude eine Klinik machen möchte. Eine originelle Idee, so der Bürgermeister. Aber auch hier sei die Kostenrechnung problematisch. Die Gewinner des Wettbewerbs sehen am Standort ein Restaurant mit Büros und Coworking-Flächen inklusive einer Weinbar am nahen Wanderweg. Dieses Konzept hält auch Habich für umsetzbar. Ähnliche Ideen kamen auch bereits in der Stadtverordnetenversammlung zur Sprache. „Ziel war, die Stadt dabei zu unterstützen, neue Ideen und Konzepte einer möglichen Nachnutzung zu finden“, sagte Kathrin Fausel von der WFB. Ein Anspruch, der durchaus erfüllt wurde. Und für die Studententeams wird es nach so viel intensiver Arbeit spannend sein, was nun tatsächlich mit dem Komplex passieren wird.