Garten-Natur-Tiere, Zwingenberg und Rodau

In der exponierten Zwingenberger Weinlage „Alte Burg“ laufen derzeit Rodungs- und Pflanzmaßnahmen im Rahmen der Flurbereinigung. Foto: pes
18. Dezember 2020 

Perspektive für die Weinberge in der „Alten Burg“

Flurbereinigung in Zwingenberg

ZWINGENBERG, Dezember 2020 (pes), „Wir wären gerne zügiger vorangekommen“, so Thomas Knöll in Zwingenberg. Jetzt verspricht der Leiter des Amts für Bodenmanagement und Geoinformation in Heppenheim, dass die Flurbereinigung in Zwingenberg in den kommenden Jahren flott vorankommen soll. Das raumordnende Verfahren am Bergsträßer Reben- und Blütenhang, das in Zusammenarbeit mit den Bensheimer Nachbarn über die Bühne geht, ist notwendig, um die Verbuschung der Weinberge zu stoppen und eine dauerhafte Bewirtschaftung des Bergs zu ermöglichen.


Dafür werden verwilderte Parzellen gerodet, neu geordnet und mit einem verbesserten Wegenetz versehen. Das soll den örtlichen Winzern den Zugang zum Wingert erleichtern und eine maschinelle Nutzung ermöglichen. Am Ende soll die exponierte Weinlage am Westhang des Melibokus wieder so aussehen wie früher: Eine kleinteilige Kulturlandschaft mit Rebstöcken und Obstbäumen, Trockenmauern und einem artenreichen Grünland.
Ursprünglich sollten die Maßnahmen bereits Ende 2019 abgeschlossen sein. Der neue Terminkalender sieht vor, dass ab Januar ein Teil der alten Rebstöcke professionell entfernt und durch neue ersetzt wird. Bereits seit September wurden rund um die Luciberghütte Brombeeren, Sträucher und Bäume entfernt. Wie das Amt mitteilt, habe man sich für den Beginn der Maßnahme die Genehmigung von der unteren Naturschutzbehörde eingeholt, um nicht den Brut- und Setzzeiten der Vogelvorkommen in die Quere zu kommen. Sämtliche Eingriffe würden von einer externen Fachkraft ökologisch baubegleitet, wie Landschaftsplanerin Marita Möllenkamp aus der Behörde mitteilt. Außerdem werden Nisthilfen für Vogelarten wie Wendehals und Neuntöter angebracht.
Der amtliche Einsatz umfasst die Anlage von Halbtrockenrasen, zusätzliche Schotter- und Rasengitterwege sowie das Setzen von heimischen Obstsorten. Laut Projektleiter Jörg Ritter dienen diese Eingriffe auch der Attraktivität des Gebiets als beliebter Naherholungsraum. „Der ursprüngliche Charakter dieses Bereichs ist zunehmend verloren gegangen.“ In den vergangenen einhundert Jahren habe man in der Fläche rund drei Viertel der Weinberge verloren, so der Zwingenberger Winzer Jan Faber: „Aktuell sind noch zirka zwölf Hektar übrig.“
Die Verbuschung des Hangs hat in den vergangenen 15 Jahren um rund ein Drittel zugenommen. Durch die Rodung und Neuordnung soll der Bestand nachhaltig gesichert werden. Die restlichen Maßnahmen sollen bis 2024 ausgeführt sein, heißt es aus der zuständigen Behörde.Im Visier der Planer sind auch die Trockenmauern, die mehrheitlich sanierungsbedürftig sind. Viele sind zugewachsen oder brüchig. Neben der Festigkeit spielt aber auch der ökologische Faktor eine wichtige Rolle: Die Bauwerke bieten vielen Tieren Nahrung und dienen ihnen als seltene Rückzugs- und Brutplätze. Laut Marita Möllenkamp sei eine Verbuschung keine Einladung für die hier vorkommenden Vögel und Reptilien. Entscheidend seien verschiedene Biotopflächen nebeneinander. Erst das mache die Qualität und Biodiversität eines Gebiets aus. Die Sanierung der Trockenmauern soll in den kommenden drei Jahren abgeschlossen werden. Für diese Teilmaßnahme werden rund 300.000 Euro bewegt.
Für Gerold Hartmann vom Bio-Weinbaubetrieb Feligreno sind die querterrassierten Hanglagen mit ihrem stützenden Mauerwerk ein prominentes Merkmal der typischen Kulturlandschaft, das es freizulegen und zu erhalten gelte. Hartmann begrüßt zudem wie alle hiesigen Winzer, dass im Zuge der Maßnahmen nun doch ein Bewässerungssystem integriert wird. Eine Premiere an der Hessischen Bergstraße. Mit einer Tröpfchenbewässerung will man auf die klimatischen Veränderungen der letzten Jahre mit ihren heißen und trockenen Sommern reagieren und den Weinbau für die Zukunft sichern.
Dafür soll ein Teil des Wassers aus den drei lokalen Quellen in den Hanglagen über eine nahe Pumpstation zu den Rebstöcken transportiert werden. Im Jahr sollen auf diese Weise bis zu 2000 Kubikmeter in den Wingert fließen. Und das bevorzugt während der Vegetationsphase zwischen April und Juni.
Beim Ortstermin in Zwingenberg hat Amtschef Thomas Knöll dem Vorsitzenden der Teilnehmergemeinschaft, Bürgermeister Holger Habich, einen Bewilligungsbescheid in Höhe von 655.000 Euro für den ersten Ausbauabschnitt überreicht. Von der 25-prozentigen Eigenleistung der Teilnehmergemeinschaft übernimmt die Stadt 135.000 Euro gemäß Parlamentsbeschluss.