Verschwisterung: Nicht nur zwei Unterschriften, sondern viele Akteure
Partnerschaft zwischen Zwingenberg und Brisighella ist 25 Jahre alt | Festakt im Bunten Löwen
ZWINGENBERG, Oktober 2025 (ohl), Nach dem offiziellen Empfang im Rathaus von Brisighella im April dieses Jahres wurde Ende August auch in Zwingenberg das Jubiläum mit der südlichsten Gemeinde der Provinz Ravenna gefeiert. Die Beziehungen mit dem kleinen Ort in der Region Emilia-Romagna reichen 25 Jahre zurück. Aus diesem Anlass lud die Stadt zu einem Festakt in den Diefenbachsaal des „Bunten Löwen“. Zu Gast waren eine 25-köpfige Delegation aus Italien sowie etliche Motoren und Wegbegleiter der deutsch-italienischen Freundschaft.
Einen lebendigen Blick zurück auf die Anfänge der freundschaftlichen Partnerschaft boten die beiden ehemaligen Bürgermeister Kurt Knapp und Cesare Sangiorgi. Sie hatten die Verschwisterungsurkunde unterzeichnet und damit die „gemellaggio“, wie man eine solche Städtepartnerschaft auf Italienisch bezeichnet, offiziell auf den Weg gebracht. In einem legeren Talk vor zahlreichen Gästen erinnerten sie an die Wurzeln und Blüten der 25-jährigen Städteverbindung. Sangiorgi bezeichnete den Besuch anlässlich des Jubiläums als „sehr emotionalen Moment.“ Über die gesamte Zeit habe es einen fruchtbaren Austausch zwischen den Menschen gegeben. In Zwingenberg fühle er sich wie Zuhause – es sei hier nicht nur wie unter Freunden, sondern sogar wie „unter Verwandten“.
Der Zwingenberger Ehrenbürgermeister Kurt Knapp, von 1983 bis 2001 Chef der Verwaltung, verwies auf die ersten Beratungen im Rathausaal im Jahre 1999, als man anlässlich des ersten Besuchs aus Italien gemeinsam überlegte, ob und wie man eine dritte Städtepartnerschaft (nach Pierrefonds und Tetbury) realisieren konnte. Sein Amtskollege habe spontan eine Verschwisterung vorgeschlagen, so Knapp.
Doch die hessische Gemeindeordnung verlangte, dass eine solche Entscheidung von einem Gremium getroffen werden müsse und nicht als Einzelentscheidung durchgebracht werden konnte. „Es hat zwar einiges an Überwindung gekostet, aber er hat es einigermaßen eingesehen“, so Knapp schmunzelnd über die temperamentvolle Ungeduld Sangiorigs. „Das hat uns sehr gefreut. Aber ich musste ihm versprechen, dass die entsprechenden Gremien bald zu einer Entscheidung kommen würden.“ Beide Orte sind mit mehr als 7000 Einwohnen etwa gleich groß. Dann wurde es schnell konkret. Bei der ersten Reise nach Italien im Mai des Jahres 2000 mit einigen Stadtverordneten habe der morgendliche ICE nach Italien Verspätung gehabt, so Kurt Knapp, „da der Zugführer verschlafen habe“. Die Partnerschaft indes blieb von Anfang an hellwach. Nach dem Besuch hatten die Stadtverordneten einstimmig den nötigen Beschluss gefasst. „Ich bin der Überzeugung, dass sie es bis heute nicht bereut haben und auch in Zukunft nicht bereuen werden“, so der 84-Jährige im Diefenbachsaal.
Cesare Sangiorgi dankte allen, die sich seither um diese internationale Freundschaft bemüht und sie mit Leben gefüllt haben. Er betonte explizit auch die auf Knapp folgenden Bürgermeister Dieter Kullak (verstorben 2018) und Holger Habich (bis 2025), die sich ebenso wie ihre Amtskollegen in der Gemeinde Brisighella und die Vereine auf beiden Seiten über 25 Jahre hinweg um die Partnerschaft verdient gemacht hätten.
„Diese Freundschaft muss jetzt weiter wachsen“, so Sangiorgi über die Perspektive der Verschwisterung in den kommenden Jahren. Kurt Knapp schloss sich diesem Wunsch an. Als Präsent übergab Sangiorgi, bis 2004 in Amt und Würden, der Stadt drei kleine Olivenbäume als Symbol der Freundschaft. Begrüßt wurden die Gäste von Bürgermeister Sebastian Clever im Rathaushof.
Nach den Böllerschüssen der Privilegierten Schützengesellschaft Zwingenberg sorgten das Quartett des Gesangvereins Sängerkranzes und die Feuerwehrkapelle für den musikalischen Rahmen des Tages. Eine tänzerische Darbietung hatte der Karnevalverein Alsbach in den Nachbarort mitgebracht. Clever begrüßte im „Bunten Löwen“ unter anderen den Europaabgeordneten Michael Gahler, der Bergsträßer Bundestagsabgeordneten Michael Meister sowie die Landtagsabgeordnete Birgit Heitland aus Zwingenberg und zahlreiche Vertreter lokaler Vereine. Er verwies auf die vielen Menschen, die über die vergangenen 25 Jahre die deutsch-italienische Freundschaft gefestigt und aktiv mit geprägt haben.
Auf Zwingenberger Seite nannte er beispielhaft die erste und langjährige Vorsitzende des bereits im Januar 2001 formell gegründeten Freundeskreises Marita Egner (bis 2015) sowie deren Nachfolgerin Petra Miraglia. Neben Peter Mireiger erwähnte er den ehemaligen Vorsitzenden des Verschwisterungsvereins Pro Loco Brisighella, Ugo Forghieri. Nicht nur als Reisebegleiter und Förderer des Partnerschaftskomitees war Maurizio Capirossi im Kontext der Beziehungen engagiert. Stellvertretend für den amtierenden Bürgermeister Massimiliano Pederzoli überbrachte Pietro Savorani warme Grüße nach Zwingenberg.
„Es ist ein Vierteljahrhundert Vertrauen, Respekt und echte Freundschaft zwischen zwei Städten, die auf den ersten Blick kaum unterschiedlicher sein könnten“, so Clever, und die doch vieles miteinander teilen. Darunter die Cittaslow-Haltung sowie der Wunsch nach einer Stadt, die Traditionen lebe und sich gleichzeitig Neuem nicht verschließe.
Die Verschwisterung selbst habe mit einem Zufall begonnen, so der Bürgermeister. Ende 1999 hatte der Leiter eines Seniorenpflegeheimes in Brisighella an einem Kongress in Mainz teilgenommen. Mit offenem Visier für potenzielle Partnergemeinden in Hessen angereist, fiel ihm Zwingenberg als ähnlich große Stadt als möglicher Kandidat auf, so Sebastian Clever. Hessen verbindet bereits seit 1992 eine Partnerschaft mit der Emilia-Romagna. Es folgte eine kleine Anfrage und eine erste Kontaktaufnahme. Dass die Partnerschaft so vital geblieben sei, verdanke man nicht nur den Unterschriften zweier Politiker (den damaligen Bürgermeistern), sondern dem andauernden Engagement vieler Menschen auf allen Ebenen. Menschen, die Freundschaften pflegen, Reisen organisieren und Gäste bei sich aufnehmen.
Und wie geht es weiter? Clever verwies darauf, dass bei dem Besuch im Frühjahr die Verschwisterungsurkunde erneuert wurde, die im Diefenbachsaal ausgestellt wurde. Es gehe nicht nur um die Vergangenheit, so der Rathauschef, sondern auch um die Zukunft der Brücke nach Brisighella: „Diese Freundschaft ist auch nach 25 Jahren stark!“