26. Dezember 2023 

Wenig Spielraum für Gemeinde, mehr Platz für geflüchtete Menschen

Bürgerversammlung in Alsbach-Hähnlein informierte über wichtige Bauprojekte und den finanziellen Status der Gemeinde

ALSBACH-HÄHNLEIN, Dezember 2023 (tt), Mit knapp 20 Gästen war die jüngste Bürgerversammlung der Gemeinde Alsbach-Hähnlein moderat besucht. Bürgermeister Sebastian Bubenzer skizzierte im Gemeinschaftshaus Sandwiese nicht nur den Sachstand zu aktuellen Projekten, sondern kündigte auch weitere Maßnahmen zur Bewältigung des Flüchtlingszustroms an: Alsbach-Hähnlein sieht sich momentan einem Aufnahmesoll von zusätzlichen 57 Personen bis zum 31. Dezember dieses Jahres gegenüber.

Da auch im kommenden Jahr weitere Menschen in die Gemeinde kommen werden, soll im südlichen Teil des „Hofs der Vereine“ eine Wohnanlage in Modulbauweise errichtet werden. Die Kern-Nutzung des Hofs, wie sie derzeit gegeben ist, soll dadurch nicht eingeschränkt sein. Die Miete der Container erfolgt bei monatlicher Kündigungsoption, um flexibel zu bleiben. Die benötigte Teilfläche des Gartengrundstücks wird angemietet.
Der Kreis zahlt einen personenabhängigen Zuschuss pro Person. Zusätzlich erfolgt der Ausgleich monatlicher Unterbringungskosten über die Obdachlosensatzung. Im kommenden Jahr werde aber voraussichtlich kein zusätzlicher Zuschussbedarf durch die Gemeinde fällig, so der Rathauschef in der Veranstaltung, zu der der Gemeindevertretervorsitzende Harald Finger diesmal in den kleinsten Ortsteil eingeladen hatte. Bubenzer sprach im Kontext der aktuellen Migrationsbewegungen von einem gemeinsamen solidarischen Kraftakt, bei dem auch die Kommunen ihren Anteil leisten müssten. Dass dies in einer finanziell angespannten Situation nicht gerade leichter sei, musste nicht eigens betont werden.

Der Haushaltsplan für 2024 wurde zwar erst – drei Wochen nach der Bürgerversammlung – am 12. Dezember in die Gemeindevertretung eingebracht, doch war bereits zu diesem Termin längst klar, dass sich die Gemeinde bezüglich weiterer Ausgaben zurücknehmen muss. Der Gemeinde fehlen rund 5,3 Millionen Euro. Die finanziellen Rahmenbedingungen sind herausfordernd, sagte Bubenzer. Im Oktober musste die Gemeinde zirka 1,1 Millionen Euro an einen größeren Gewerbesteuerzahler zurückzahlen. Aber auch die Baukosten für bereits begonnene Projekte seien teilweise mit erheblichen Risiken behaftet. Zudem steigen die Kreis- und Schulumlage sowie die Personalkosten weiter an. „So gut das für die Mitarbeiter ist: die Gemeinde wird dadurch natürlich stärker belastet“, so der Verwaltungschef.

Dringliche Pflichtaufgaben stehen derzeit nicht zur Debatte. Hier hat Alsbach-Hähnlein keinen wirklichen Spielraum. Für alles andere gilt: entweder jetzt realisieren oder erst einmal verschieben. Potenzielle Themen zum Vertagen sind neben der Marktplatz-Pflasterung zwischen Sport- und Kulturhalle und Marktschänke auch die Gestaltung des Außengeländes an der Kita „Arche Noah“ sowie die Entwicklung des Alten Feuerwehrgerätehauses in der Hähnleiner Ortsmitte.

Aber auch die Sanierung der alten Scheune am Hofgut Hechler und die Finanzierung des Kita-Neubau „Nördlich der Spießgasse“ ist gegebenenfalls nur zu finanzieren, wenn die Grundsteuer erhöht werde, so Bubenzer. Ob und in welchem Ausmaß dies geschehen könne, sei eine Frage in der politischen Debatte. Hier sei eine Grundsatzentscheidung notwendig. Übrigens: zwischen 01. Januar und der offiziellen Genehmigung des Haushalts befindet sich Alsbach-Hähnlein in der sogenannten vorläufigen Haushaltsführung. Unter dieser Form der Interimswirtschaft versteht man die Fortsetzung der Gemeindegeschäfte ohne eine gültige Haushaltssatzung.

Zum Thema Grundsteuer B sagte der Bürgermeister, dass man auch im Falle einer Erhöhung nicht mit Werten wie in Seeheim-Jugenheim rechnen müsse. Rückwirkend zum Jahresbeginn hatte die Nachbargemeinde den Hebesatz von 500 Prozent auf 850 Prozent erhöht. In Alsbach rangiert der Wert unter 500. Aktuell stehen alle Kommunen im Landkreis Darmstadt-Dieburg enorm unter Druck.

Bubenzer hatte aber auch Erfreuliches zu berichten. Zum Beispiel den Anbau an der Kita Sandwiese, wo die Abnahme der gesamten Arbeiten inklusive der Außenanlage bereits erfolgt sei und nun die Betriebserlaubnis vorbereitet wird. Einer planmäßigen Inbetriebnahme des neuen Gebäudeteils im Dezember stehe derzeit nichts im Wege, heißt es von Seiten der Verwaltung. Durch die Maßnahme entstehen 25 zusätzliche Kita-Plätze. Die Container sollen vorerst als Interimslösung bestehen bleiben und Kapazitäten für weitere 25 Plätze vorhalten. Bei einem Tag der offenen Tür am 19. Oktober stellte sich die Naturgruppe auf dem Sportgelände des SKV Hähnlein der Öffentlichkeit vor (Bericht S. 14). Die Einrichtung bietet Platz für bis zu 20 Kinder. Und auch die Entwicklung einer neuen Krippe mit dem Arbeitstitel „Täubchen“ geht voran: das Konzept und eine Kostenschätzung wurden durch das Ingenieurbüro Turetschek erstellt. Die Einrichtung soll 32 neue Plätze für Kinder unter drei Jahren anbieten. Der Dialog mit dem Jugendamt dauert an.

Eine Umsetzung ist für 2024 geplant. Damit sich Eltern frühzeitig für einen Krippen- oder Kitaplatz in Alsbach-Hähnlein anmelden können, wurde der Service Litte Bird eingeführt, der die direkte Kommunikation mit den unterschiedlichen Kita-Leitungen vereinfacht. Über das Online-Portal kann man bis zu vier Vormerkungen je Kind an Einrichtungen senden und dabei auch Prioritäten angeben, um die Verteilung der Plätze zu erleichtern, so der Bürgermeister.

Voran geht es auch mit den Arbeiten am Medizinischen Versorgungszentrum am Marktplatz, die Gemeinde rechnet mit einer Inbetriebnahme im Januar. Zu Beginn soll das MVZ mit zwei bis drei Arztstellen starten, perspektivisch gibt es Raum für mehr. Aktuell wird das Angebot eines Transportservice („Ärzte-Bus“) geprüft, der Patienten schnell und barrierefrei an den Standort bringen könnte.
Über eine Spende der verstorbenen Lehrerin Christa Wiedemann wurde der Bau eines neuen Spielplatzes an der Schlosswiese ermöglicht. Die Arbeiten haben im Spätsommer begonnen und sollen trotz leichter Verzögerungen noch im laufenden Jahr abgeschlossen werden. „Eine deutliche Aufwertung des Ortes“, so der Bürgermeister, der von einem idealen Platz für Familien mit Kindern spricht. Die Investitionen belaufen sich auf rund 250.000 Euro. Durch die Spende konnten die Kosten für die Geräte geschultert werden. Weil die Spielfläche am Jugendzentrum stark beansprucht ist und auch von Schülern der Schule am Hinkelstein genutzt wird, ist dort ein Umbau zu einem Allwetterplatz geplant. Die Kosten liegen bei etwa 100.000 Euro. Der Landkreis wird sich mit 50 Prozent des Aufwands finanziell beteiligen.

Die Großsporthalle der Melibokusschule wird vom Landkreis spätestens 2025 für rund 7,5 Millionen Euro saniert. Da die Halle auch von ortsansässigen Vereinen genutzt wird, unterstützt die Gemeinde diese Maßnahme mit einer Millionen Euro. Tribüne und Foyer bleiben auch nach dem Umbau erhalten, so Sebastian Bubenzer, der im Rahmen der Bürgerversammlung ein positives Fazit der Jubiläumsfeierlichkeiten zu 1250 Jahren Alsbach zog: mit rund 7.000 Gästen an den drei Tagen war die Veranstaltung gut besucht. Etwa 87 Prozent der Gesamtkosten in Höhe von 60.000 Euro konnten über Einnahmen refinanziert werden. „Es gab viel Lob aus der Bevölkerung“, so der Bürgermeister abschließend.